Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Münch-Bellinghausen. Sprengung der Opposition. 325 
gerichtet. Durch solche Erwägungen kleinfürstlicher Staatsweisheit kam 
die letzte Säule der Bundes-Opposition zu Falle.') Mittlerweile war an 
die Stelle des verstorbenen Aretin Herr v. Pfeffel getreten, ein Deutsch- 
franzose, der, wenig vertraut mit der deutschen Sprache und Politik, sich 
einfach an Rechberg's Weisungen hielt. Hammerstein wurde durch eine 
scharfe Verwarnung des Grafen Münster zurechtgewiesen, Blittersdorff 
aber hatte längst seinen Frieden mit der Hofburg geschlossen.“) 
Auch Wangenheim's wirthschaftlicher Sonderbund, die Darmstädter 
Conferenz lag bereits im Sterben. Am 3. Juli 1823 erklärte du Thil 
den Austritt seines Großherzogs, weil Hessen außer Stande sei, die Ord- 
nung seines Zollwesens noch länger zu verschieben. Nassau folgte dem 
Beispiele. Darauf weigerte sich Baiern, ohne Darmstadt weiter zu ver- 
handeln; unter lebhaften gegenseitigen Anklagen ging der Congreß aus- 
einander, nach drei Jahren unerquicklichen Streites. Er scheiterte an der 
Unmöglichkeit, abweichende Interessen in engem Rahmen zusammenzuhalten. 
Doch auch die Ränke der Wiener Diplomatie und des preußischen Ge- 
sandten Otterstedt beschleunigten den Zusammenbruch. Dieser unruhige 
Pläneschmied schwärmte für Preußens „Präponderanz am Rheinstrome"“, 
wünschte lebhaft einen Zollverein zwischen dem preußischen Rheinland und 
den süddeutschen Staaten, wollte keinenfalls einen Bund der constitutio- 
nellen Mittelstaaten ohne Preußen dulden. Er ward nicht müde, diese 
unreifen Gedanken seinem Chef darzulegen. Da er von Eichhorn immer 
nur die Weisung erhielt, sich ruhig zu halten, so ging er endlich eigen- 
mächtig vor. Er warnte Marschall, was kaum nöthig war, schrieb an 
den Gesandten in Wien und stellte ihm vor, welche „Stratageme einer 
Opposition gegen die Allerhöchsten Monarchen"“ sich hinter dem Zollverein 
versteckten. Hatzfeldt schlug sofort in der Hofburg Lärm, und nun er- 
gingen von Wien aus nach München, Karlsruhe, Biebrich so dringende 
Warnungen, daß der längst von innen heraus gelockerte Sonderbund 
unhaltbar wurde und Berstett eingestand: die Darmstädter Conferenzen 
mußten erfolglos bleiben, „schon der Acteurs wegen und wegen der Neben- 
pläne, die man darin suchte“. “) Lange nachher erst erhielt das Berliner 
Cabinet Kunde von dem Ungehorsam seines Gesandten. Der eitle Diplomat 
hatte sich laut gerühmt, er habe den Darmstädter Bund gesprengt; da 
befahl der König den Thatbestand zu untersuchen. Otterstedt empfing 
einen scharfen Verweis und abermals die Mahnung, sich jeder Einmischung 
in diese Händel zu enthalten: es genüge den kleinen Höfen auszusprechen, 
daß Preußen bereit sei über die Erweiterung seines Zollsystems zu ver- 
*) Metternich an Zichy, 10. April; an Graf Spiegel in Cassel, 31. Mai; Berichte 
von Blittersdorff, 21. März; von Hatzfeldt, 15. Sept. 1823. 
*“) Rechberg an Pfeffel, 19. Jan.; Blittersdorff's Bericht, 8. April 1823. 
*““) Berstett an Blittersdorff, 25. Okt. 1824.
	        
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