Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

326 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
handeln.“) Das Alles blieb freilich geheim, und noch jahrelang glaubte 
in Süddeutschland Jedermann, der König von Preußen habe dem wohl— 
gemeinten Versuche süddeutscher Zolleinheit die Grube gegraben. Genug, 
von allen Gebilden der Triaspolitik blieb nichts mehr übrig als die Ober— 
rheinische Kirchenprovinz. — 
Als die Bundesversammlung im November nach den Ferien wieder 
zusammentrat, war der phantastische Spuk der Bundes-Opposition bis auf 
die letzte Spur verflogen. Um die Säuberung des Hauses zu vollenden, 
wurde im Juli 1824 auch Goltz abberufen. Die Oesterreicher sahen ihn 
mit Freuden scheiden und versprachen sich viel von seinem Nachfolger, dem 
Generalpostmeister v. Nagler, der in Art und Unart als Gegenfüßler des 
gutmüthigen Grafen erschien. Gleich seinem Schwager Altenstein war 
Nagler in Hardenberg's fränkischer Beamtenschule emporgekommen; er 
hatte sich aber bald mit den streng-conservativen Anschauungen der alt— 
ländischen Bureaukratie so gänzlich erfüllt, daß er zum Feinde seines alten 
Gönners wurde und, von dem Staatskanzler aus dem Dienste entfernt, 
elf Jahre zumeist auf Reisen zubringen mußte. Erst 1821, als Harden- 
berg's Gestirn im Sinken war, wurde er in den Dienst zurückgerufen, 
bald nachher zum Generalpostmeister ernannt. In dieser Stellung bewährte 
er ein außerordentliches Verwaltungstalent, aber auch ein Uebermaß jenes 
herrischen Wesens, das im Postdienst allerdings ebenso unentbehrlich ist 
wie im Heere. Rastlos thätig, hart und rauh, der Schrecken seiner Unter- 
gebenen, erhob er die preußische Post binnen wenigen Jahren zu einer 
Musteranstalt für Deutschland. Nach der alten Ueberlieferung betrachtete 
er das Postwesen zwar nur als eine Einnahmequelle für den Staat und 
willigte selten in eine Herabsetzung der hohen Gebühren; aber sollte die 
Anstalt Ertrag bringen, so mußte sie über ein wohlgeschultes auskömm- 
lich besoldetes Beamtenheer gebieten und das Publikum rasch, bequem, 
pünktlich, sicher bedienen. Diese Sicherheit hatte freilich in Preußen, wie 
überall, bestimmte Grenzen; das Erbrechen der Briefe war in Nagler's 
Augen ein unveräußerliches Kronrecht, das nur Böswillige der königlichen 
Post bestreiten konnten. Er rühmte wohl die Milde seiner preußischen 
Post, die sich mit dem „Perlustriren“ begnügte, während die österreichische 
auch vor dem „Intercipiren“ nicht zurückschrak. Sorgfältig, wie er Alles 
trieb, richtete er auch diesen Zweig seines Dienstes ein und scheute kein 
Mittel, um einen neuen Siegelabdruck „für eine Wappensammlung“ zu 
erwerben; nach Saarbrücken schickte er einen seiner geschicktesten Agenten, 
Opfermann, zur Ueberwachung des Briefverkehrs mit Frankreich. Ein 
treuer Genosse Wittgenstein's trieb er sein dunkles Handwerk bald mit 
herzlichem Behagen, und als er den Frankfurter Posten antrat, hielt er 
  
*) Bericht des Min. des Ausw. an den König, 13. Juli 1824; Weisungen an 
Otterstedt, 20. Febr., 5. Mai 1825.
	        
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