Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

328 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
Preußen, beigelegt wurden. Wo es aber galt, die kleinen Gesandten in 
Zucht zu halten, da standen sie selbander fest zusammen. — 
Dergestalt war die Bundesversammlung gereinigt, und Schlag auf 
Schlag, fast ohne Debatte, faßte sie nunmehr unter Münch's Leitung eine 
Reihe von Beschlüssen, welche den Wiener Hof mit gerechter Befriedigung 
erfüllten. Die westphälischen Domänenkäufer wurden einfach abgewiesen, 
wegen Incompetenz der Versammlung. Um seinen Abscheu gegen Klüber's 
und Wangenheim's Lehre vom ewigen Staate noch unzweideutiger zu 
bekunden, fügte der Bundestag den in der Geschichte gesitteter Völker bei— 
spiellosen Beschluß hinzu, daß bei seinen Verhandlungen keine Berufung 
auf „neue Bundeslehren und Theorien“ geduldet werden solle (11. Dec. 
1823). Somit ward der Wissenschaft feierlich verboten, klärend und 
mäßigend mitzuwirken bei der Fortbildung eines Bundesrechts, das in 
seinem dürftigen und unfertigen Zustande des Beistandes geistiger Kräfte 
gar nicht entrathen konnte. So frech hatte sich in diesem Gelehrtenvolke 
der Haß gegen alle Bildung noch nicht herausgewagt. 
Seltsam, wie bei diesen Verhandlungen wieder die zwei Seelen der 
preußischen Politik hervortraten. Wo die Demagogenscheu nicht einwirkte, 
da zeigte sich Preußen stets als der redlichste unter allen deutschen Staaten. 
Der westphälischen Domänenkäufer nahm sich Goltz bis zuletzt wacker an; 
er wollte den Kurfürsten von Bundeswegen nöthigen, auch über alle noch 
schwebenden Streitfälle dem Bundestage Rechnung abzulegen, und sprach 
seine Entrüstung sehr derb aus, als die große Mehrheit der Versamm— 
lung, von Münch geführt, ihren eigenen früheren Beschlüssen zuwider, die 
unschuldigen Opfer des hessischen Despoten kurzerhand abwies. Und die— 
selbe Regierung, die hier so ehrenhaft verfuhr, stimmte nicht nur dem 
Beschlusse wider die Bundesrechts-Theorien willig zu, sie überbot ihn noch 
durch eine thörichte Ungerechtigkeit, welche Preußens guten Ruf schwer 
und nachhaltig schädigte. Beunruhigt durch Marschall's und Metternich's 
geheime Anklagen hatte Bernstorff, ohne den Angeschuldigten auch nur 
anzuhören, die Schriften Klüber's, vermuthlich durch Kamptz, untersuchen 
lassen und überraschte nun den Arglosen durch die Ankündigung: daß 
seine Schriften auf den preußischen Universitäten nicht mehr benutzt werden 
dürften, er selber aber im Auswärtigen Amte keine Beschäftigung mehr 
finden könne.“) Als Gründe waren namentlich angegeben: die naturrecht— 
lichen Erörterungen in Klüber's Bundesrecht und seine Vorliebe für die 
neuen gemischten Verfassungen, deren demokratische Grundsätze die könig— 
liche Regierung doch bekanntermaßen bekämpfe. Eine solche Behandlung 
ließ sich der hochangesehene Gelehrte nicht bieten; er warf dem Minister 
seine 5000 Thlr. Gehalt vor die Füße, nahm sofort seinen Abschied und 
lebte noch lange als Privatmann in Frankfurt, das anerkannte Haupt 
  
*) Blittersdorff's Bericht, 3. December 1823.
	        
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