Münch's Vorschläge zur Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse. 333
aber gab schließlich nach: er wußte wohl, daß er das klare Recht gegen
sich hatte.
Der Wiener Hof betheiligte sich an diesen langwierigen Händeln nur
ungern, nur weil er fühlte, daß die preußische Geduld auf die Neige
ging. Ungleich wichtiger als die Sicherung der Rheingrenze war ihm
die Erneuerung der Karlsbader Beschlüsse, da die Giltigkeit des Preßgesetzes
mit dem Jahre 1824 erlosch. Von langer Hand her wurde diese rettende
That vorbereitet; mit ihr sollte die Säuberung des Bundestags ihren
Abschluß finden. Schon am 6. Januar 1824 unterbreitete Münch dem
Staatskanzler seinen Feldzugsplan. Er wies in einem Promemoria nach,
daß eigentlich nur das Preßgesetz der Verlängerung bedürfe, da die übrigen
Karlsbader Gesetze nicht für eine bestimmte Frist erlassen seien; er be—
hauptete dreist, für den Beschluß der Verlängerung genüge die einfache
Mehrheit am Bundestage, rieth aber seinem Gönner dringend, zuvor ver—
traulich mit den größeren Höfen, vornehmlich mit dem Münchener zu ver—
handeln. Denn in Baiern bestand noch immer die einzige bescheidene
Ausnahme von der Regel des Karlsbader Preßgesetzes. Nur die Zeit-
schriften, nicht die Bücher waren dort der Cenfur unterworfen, und
obgleich die Münchener Polizei durch scharfe Verbote auch die Bücher wohl
zu treffen wußte, so hielt der k. k. Präsidialgesandte doch jede Abweichung
von dem großen Grundsatze der Censur für gefährlich. Metternich folgte
dem Rathe und suchte sich zunächst der Unterstützung Preußens zu ver-
sichern, indem er die Hauptsätze der Denkschrift Münch's durch Hatzfeldt
nach Berlin gelangen ließ (12. Mai). Bernstorff gab seine Zustimmung,
denn über Zeitungen und Studenten dachte er nicht anders als sein
Wiener Freund. Nur ein ernstes Formbedenken machte er geltend. Die
Erinnerung an jene gefälschte Abstimmung, welche einst die Annahme der
Karlsbader Beschlüsse herbeigeführt hatte, war dem preußischen Minister
doch peinlich. Er bestand darauf, daß diesmal die Formen des Bundes-
rechts gewissenhaft geschont würden; er verlangte einstimmigen Beschluß,
da die Erneuerung eines Ausnahmegesetzes dem Erlaß eines neuen Ge-
setzes rechtlich gleichstehe, und setzte endlich seinen Willen durch, obwohl
der Wiener Hof, aus Furcht vor einem Mißerfolge, sehr lange und lebhaft
widersprach.)
Unterdessen ging Metternich selbst nach Baiern, wo er die Stimmung
über alles Erwarten günstig fand. Wohl hatte Max Joseph jüngst wieder,
beim Jubelfest seiner Regierung, unzählige Beweise der Liebe von seinem
Volke empfangen und er wußte die bairische Treue zu schätzen; aber in
7) Eichhorn's Promemoria 5. Juni; Bernstorff's Weisungen an Hatzfeldt, 15. Juni;
an Jordan und Küster, 18. Juni; an Goltz, 22. Juni; Nagler's Bericht, 24. Juli 1824.