Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Rothschild. Taxis. Cotta. 341 
fünfzehn davon für die Wirthshäuser. An die Einrichtung von Neben— 
kursen, die wenig eintrugen, war gar nicht zu denken. Gefälliger als den 
Reisenden erwies sich die Taxis'sche Postverwaltung der k. k. Präsidial- 
gesandtschaft; sie stellte ihr nicht nur ihre Frankfurter Oberpostamtszeitung, 
ein Blatt von unerreichter Geistlosigkeit, zur Verfügung, sondern auch ihre 
polizeilichen Künste. Durch die napoleonische Polizei war der Unfug der 
Brieferbrechung freilich längst in sämmtlichen Staaten Europas ein- 
gebürgert worden. Alle Höfe richteten sich darnach. Wenn ein Minister 
einem fremden Souverän ungestraft eine bittere Wahrheit sagen wollte, so 
schrieb er seinem Gesandten durch die Post; dann konnte er sich darauf 
verlassen, daß seine Worte an ihre eigentliche Adresse gelangten. Aber so 
dreist wie in den „Logen“ der Taxis'schen Post ward das schmutzige Hand- 
werk nur noch in der Wiener Stallburg getrieben; wie eine Kreuzspinne 
saß mitten im Netze des deutschen Verkehrs das berüchtigte Taxis'sche 
Oberpostamt von Eisenach. Als Nagler einst den Auftrag erhielt, eine 
geheime Weisung von Frankfurt aus sicher an Küster in München zu be- 
fördern, da antwortete der gewiegte Sachkenner: das sei rein unmöglich; 
man möge die Instruktion in Berlin auf einen zierlichen Briefbogen 
schreiben und von Damenhand an Fräulein v. Küster adressiren lassen; 
dies Billet müsse dann als Einlage in einem Briefe an einen Münchener 
Kunstfreund abgehen.)) In solchem Geiste geleitet wurde die Taxis'sche 
Post eine mächtige Stütze der österreichischen Herrschaft in Deutschland. 
Den Taxis'schen Palast in der Eschenheimer Gasse benutzte der öster- 
reichische Gesandte unentgeltlich als Miether, und der Bundestag fand es 
nicht unanständig, jahrzehntelang die Gastfreundschaft der Regensburger 
Post-Dynasten zu genießen. 
Von anderer Art, aber ebenso brauchbar waren die Gefälligkeiten, 
welche das Haus Cotta dem Bundestage erwies. Im Jahre 1825 er- 
bat sich Goethe für seine Werke ein Privilegium gegen den Nachdruck. 
Eine feierlich würdevolle Eingabe des Altmeisters mahnte: „die von so er- 
habener Stelle dem großen Ganzen gewidmete Uebersicht schließt eine wohl- 
wollende Betrachtung einzelner Angelegenheiten nicht aus“ — und empfahl 
dem erhabenen Bundestage, dem Vereine aller deutschen Souveränitäten 
„dieses für die ganze deutsche Literatur bedeutende Geschäft". Obwohl 
ein Bundesgesetz wider den Nachdruck trotz der Bemühungen Preußens noch 
immer nicht zu Stande gekommen war und die Ertheilung von Privilegien 
nicht zu den Befugnissen des Bundestags gehörte, so fühlte die Versamm- 
lung doch, was Deutschland seinem Dichter schuldete. Von Nagler zur Eile 
gedrängt ging sie über die Formbedenken hinweg und beschloß, ungewöhnlich 
schnell, schon nach zwei Monaten, das Gesuch Goethe's bei allen Bundes- 
regierungen zu befürworten. So konnten denn „unter des durchlauch- 
  
*) Nagler an das Min. d. a. A., 7. April 1828.
	        
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