346 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
Versuchen, Vorbereitungen und Einleitungen sich aussprechenden politischen
Treibens zu schreiben und den Grad der Gewißheit der Thatsachen nach den
Grundsätzen des historischen Glaubens, nach ihrer eigenen subjektiven Ueber—
zeugung zu bemessen.“ Nach dieser subjektiven Ueberzeugung hatte sie denn
auch ein wundersames Gemisch von Wahrheit und Dichtung, von Thatsachen,
Vermuthungen, Gerüchten zusammengestellt, das über die entscheidenden
Fragen gar keinen Aufschluß gab; sie gestand selber zu, daß Leutnant Schulz's
Frag- und Antwortbüchlein „beinahe die einzige in unseren Akten vorge—
kommene positive Handlung“ sei, und beklagte tief die allerdings ungerechte
Freisprechung dieses Missethäters.
Mit einem solchen Berichte vor die Nation zu treten wollte Blitters—
dorff doch nicht wagen. Er fürchtete nicht den Unwillen der öffentlichen
Meinung, wohl aber den Zorn der preußischen Regierung: was würde
man in Berlin sagen, wenn ein amtlicher Bericht des Bundestags die
Geschichte der Jahre 1806—1815 im Geiste der napoleonischen Geheimpolizei
schilderte! Der Badener schob also die gefährliche Berichterstattung hinaus,
und die schwarze Commission ward aufgelöst, ohne daß die Nation die ihr
so oft verheißenen Enthüllungen erhielt. Nach langen Jahren erst, 1831,
entledigte sich Blittersdorff seines Auftrags, und der Auszug, den er nun-
mehr aus den Mainzer Akten gab, war durchaus parteiisch und frivol;
er verschwieg absichtlich manche mildernde Umstände, die zu Gunsten der
Demagogen angeführt waren, freilich auch vieles was in Berlin Aergerniß
erregen konnte. Jetzt aber waren endlich alle deutschen Regierungen, mit
Ausnahme der unverwüstlichen Hofburg, des alten schmutzigen Handels
müde geworden. Preußen hatte soeben den Beschluß durchgesetzt, daß die
Namen hoher Beamten in den Untersuchungsberichten nicht erwähnt
werden dürften, und als sodann über die Veröffentlichung der Arbeit
Blittersdorff's Instruktionen eingeholt wurden, da erfolgte keine Antwort.
Die meisten der Höfe schwiegen aus Scham, einige wohl nur aus löb-
licher Bundesgewohnheit. So endete jene Commission, welche Metternich
einst seinen Karlsbader Genossen zur Rettung Deutschlands empfohlen
hatte. Nur die Unglücklichen, welche auf eine Anzeige aus Mainz in den
Kerker gewandert waren, wußten unter der Hand Einiges von der Wirk-
samkeit der unheimlichen Behörde zu erzählen. Der ganze Umfang ihres
lichtscheuen Treibens wurde dem deutschen Volke erst im Jahre 1860
durch Ilse's Aktenauszüge bekannt. —
Dergestalt war nach und nach alles Leben aus dem Bunde entwichen,
und mit gerechter Befriedigung horchte Metternich zuweilen auf die tiefen
Athemzüge des friedlich schlummernden Bundestags. Was konnte die
Hofburg von den Deutschen draußen im Reich Besseres erwarten? Hatte
sie es doch nicht einmal der Mühe werth gehalten, auch nur die Bundesakte
in ihren deutschen Kronländern zu veröffentlichen. Unter den preußischen
Offizieren und Staatsmännern aber hörte man schon wieder häufig, wie