Verfassungsänderung in Baden. 353
behielt: Föhrenbach, Grimm und der Freiburger Professor Duttlinger,
ein gewiegter Kenner des Verfassungsrechts.
Gleichzeitig hatte der vielgewandte Günstling des Großherzogs,
Major Hennenhofer an den Drähten gezogen, die er über alle Ecken des
Ländchens ausgespannt hielt. Die Lorbeeren von Wolfenweiler und Schall-
stadt ließen ihn nicht schlafen. Mit einem male kamen aus zahlreichen
Ortschaften Adressen an den Großherzog, allesammt mit der Bitte um
Aufhebung der Verfassung. Mit erwartungsvoller Freude blickten Met-
ternich's Getreue nach Karlsruhe, wo sie an dem k. k. Gesandten Hruby
einen verschlagenen einflußreichen Helfer besaßen. Hatzfeldt vermaß sich
schon: „ich werde nicht eher an die Ruhe und das Glück Deutschlands
glauben, als bis die letzte dieser Verfassungen und Alles was ihnen
ähnelt von seinem Boden verschwunden ist.““) Unmöglich schien es nicht,
bei der gefügigen neuen Kammer eine radicale Veränderung des Grund-
gesetzes zu erzwingen. Aber zu so kühnen Entschließungen war Berstett
nicht der Mann, wenn er sich nicht auf den Bund stützen konnte, und im
Ministerrathe saßen außer seinem Gesinnungsgenossen Berckheim auch die
beiden verfassungstreuen Staatsräthe Böckh und Ludwig Winter. Auf
Winter's Antrag wurden die unterthänigen Adressenschreiber abgewiesen,
und statt einer umfassenden Verfassungsrevision begnügte man sich mit
dem Vorschlage, daß fortan das Budget auf drei Jahre bewilligt und
die Kammer aller sechs Jahre vollständig neugewählt werden solle.
Wider den Inhalt des Vorschlags ließ sich wenig einwenden: das
dreijährige Budget konnte dem Lande manchen unnützen Wortkampf er-
sparen, und die neue Wahlordnung war unverkennbar zweckmäßiger als
die bisher übliche Viertels-Erneuerung der Kammer. Gleichwohl erregte
die Vorlage tiefen und berechtigten Unmuth unter den treuen Anhängern
der Verfassung; auch Winter selbst hatte ihr nur um Aergeres zu ver-
hindern, widerwillig zugestimmt. Dies kaum erst geschaffene Grundgesetz
schon wieder abändern, die Vorschriften über das Budget zurücknehmen
noch bevor jemals ein ordnungsmäßiges Budget zu Stande gekommen war
— das hieß mit der Verfassung spielen. Doch was galten Gründe in
diesem unterthänigen Hause? Der junge Heidelberger Professor Roßhirt,
eine Leuchte der werdenden ultramontanen Partei, erstattete einen empfehlen-
den Bericht, und die Abgeordneten stimmten zu — bis auf jene tapferen
Drei. Auch die erste Kammer trat bei, obgleich Wessenberg sie an „die
jungfräuliche Unverletzlichkeit“" des Staatsgrundgesetzes erinnerte. Mit
diesem kleinmüthigen Beschlusse war die Lebenskraft des Karlsruher Land-
tags auf lange hinaus gelähmt. Matt und kleinlaut schleppten sich die
Verhandlungen zu Ende; auch der kurze Landtag von 1828 verlief so
*) Hatzfeldt's Bericht, 24. Jan. 1825.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 23