360 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
zu stärken fürchtete. Eine neue Epoche der orientalischen Verwicklung
kündigte sich an. Der Berliner Hof hatte die österreichischen Freunde —
wie in allen Fragen, welche das preußische Interesse nicht unmittelbar
berührten — bisher unterstützt; aber mit sichtlicher Gleichgiltigkeit, denn
an den Sieg der Türken glaubte Bernstorff längst nicht mehr, und gegen
die philhellenischen Neigungen der öffentlichen Meinung, welche König
Friedrich Wilhelm selber theilte, mochte man nicht allzu dreist ankämpfen.
Im Sommer 1825 schilderte der preußische Minister seinem Monarchen
die zunehmende Spannung zwischen den beiden Kaiserhöfen also: „Oester-
reich will unter keiner Bedingung und für keinen Preis den Krieg, Ruß-
land will unter jeder Bedingung und für jeden Preis die Rettung und
Befreiung Griechenlands.“ Darauf erhielt er den Befehl, dem Wiener
Hofe offen zu erklären: der König vermöge den Ansichten Oesterreichs nicht
zuzustimmen, er wünsche weder den Untergang der Türkei noch die Ver-
nichtung der Griechen.)) Auch der Tuilerienhof zeigte sich schon längst
verstimmt über die unfruchtbaren Wiener Zauderkünste.
Da starb Kaiser Alexander, der einzige Mann, welcher den unver-
meidlichen Zusammenstoß im Osten bisher hintangehalten hatte. Sogleich
nach seinem Tode lenkte Rußland wieder ein in die Bahnen seiner natio-
nalen Staatskunst, und bald gewann auch Preußens Politik ihre volle
Selbständigkeit wieder. Die spanischen Wirren hatten England der großen
Allianz entfremdet; durch die griechische Revolution wurden alle Groß-
mächte zu einer veränderten Parteistellung genöthigt.
*) Bernstorff, Denkschrift über die Lage im Orient, 15. Juni; Lottum's Antwort
im Namen des Königs, 24. Juni 1825.