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ergeben sie ungezwungen folgenden Gedankengang: Wenn zwei
Gemeinden verschiedener Religionsparteien ein Recht auf die ge-
meinsame Benützung einer Kirche haben, so entscheiden über
den Umfang dieser Rechte die vorhandenen besonderen Gesetze
oder Verträge ($ 309 bezw. $ 90). Fehlt es an solchen, so
sollen die Rechte beider Parteien an Bedeutung gleich sein (d. h.
natürlich relativ gleich; $ 310 bezw. $ 91). Streitigkeiten, die
trotzdem über die Ausübung dieser Rechte entstehen könnten,
sollen (aus Zweckmässigkeitsgründen) von den Staatsbehörden
erledigt werden ($ 311 bezw. $ 92).
Steht jedoch die Berechtigung einer Partei überhaupt in
Frage, so entscheidet das bürgerliche Gericht $ 313 bezw. $ 93.
„Wenn (d. h. in diesem Processe) nicht erhellet, dass beide Ge-
meinden zu der Kirche wirklich berechtigt sind (d.h. wenn ent-
weder keine der Parteien ein festes Recht nachweisen kann, oder
wenn nur einer der Nachweis gelingt, denn dann sind eben nicht
beide wirklich berechtigt, wie es $ 309 und $ 90 voraussetzen),
so muss angenommen werden, dass diejenige, welche später in
den Besitz gelangt ist, den Gebrauch nur als einen widerruf-
lichen, bittweisen (von der anderen) erhalten hat. Sie soll also
nicht ıhr Gebrauchsrecht ohne Weiteres verlieren, dasselbe soll
also in Zukunft nur als ein bittweises weiter bestehen ($ 314
bezw. $ 94).
Selbst ein vieljähriger Gebrauch (die Verjährungszeit wäre
also überhaupt viel zu klein!) allein kann ein solches Simultan-
recht nicht begründen ($ 315 bezw. $ 95), mit einer einzigen
Ausnahme: wenn die Gemeinde auch die Unterhaltung mitbe-
stritten hätte ($ 316 bezw. $ 96). Dann würde ihr, selbst wenn
sie es nicht anderweitig begründen könnte, ein festes Recht zu-
zugestehen sein.
Die $ 317 bezw. $ 97 geben dann eine Bestimmung über
den bittweisen Gebrauch.
Anders Kraıs. Nach ihm beziehen sich die $S 94, 96, 97