Einschreiten gegen den Jünglingsbund. 445
Verbindung wohl gekannt, ohne aber hiervon der Behörde Anzeige ge-
macht zu haben, mit einem außerordentlichen zweijährigen Festungsarrest
bestraft.“ In Hessen, Württemberg, Mecklenburg urtheilten die Richter
über dasselbe Verbrechen weit milder. In Baiern wurden die Angeklagten
sämmtlich vorläufig freigelassen, freilich erst nach einer langen, harten
Untersuchungshaft, die dem armen Karl Feuerbach den Geist zerrüttete.
König Friedrich Wilhelm nahm den leidigen Handel anfangs sehr schwer.
Einem Beamten, der sich für einen der Angeklagten verwendete, ertheilte
er eine scharfe Rüge: „ich muß Sie für einen Theilnehmer der höchst-
verderblichen Meinung halten, daß die im Finstern schleichenden verbreche-
rischen Umtriebe verzeihlich sind, weil sie aus irrthümlichen Ansichten ent-
springen.“" Begnadigen wollte er erst, wenn jeder der Schuldigen ein
Drittel seiner Strafe abgebüßt hätte.') Gleichwohl siegte sein gutes Herz
bald über die strengen Vorsätze: er fühlte, daß die jungen Leute durch die
lange Untersuchung schon genug gelitten hatten, und erließ ihnen sämmtlich,
den meisten schon nach Jahresfrist die Strafe.
Alle diese Verfolgungen wurden von Metternich und Hatzfeldt mit
unermüdlichem Eifer überwacht. Welche Entrüstung in Wien, als das
Zerbster Appellationsgericht ein Mitglied des Jünglingsbundes nur zu
kurzer, leichter Haft verurtheilte — weil man doch nicht wissen könne, ob
der junge Mann späterhin bei größerer Reife des Geistes seine Pläne
wirklich ausgeführt hätte. Sofort ließ Metternich die Mainzer Commission
zum Einschreiten auffordern, aber der redliche Präsident Kaisenberg weigerte
sich den Gang der Rechtspflege zu stören, obgleich ihm auch Schuckmann
die gleiche Zumuthung stellte. Dann abermals große Aufregung in der
Hofburg und scharfe Verwarnungen an das Darmstädter Cabinet, als die
milden Urtheile der hessischen Gerichte „einen neuen Scandal für ganz
Deutschland“ geschaffen hatten)
Während die große Untersuchung gegen den Jünglingsbund noch
schwebte, wurde zugleich auch unter den übrigen Studentenvereinen gründ-
lich aufgeräumt. An der Berliner Universität blühte noch nach 1819 ein
mannigfaltiges und kräftiges Verbindungsleben; das brach nun alles zu-
sammen, seit der neue Regierungsbevollmächtigte Schulz mit seinen plumpen
Fäusten dazwischenfuhr. Auch ein Herminenbund mit dem schrecklichen
Wahlspruche „Einheit, Freiheit, Gleichheit“ wurde dort entdeckt; seine Mit-
glieder kamen aber alle mit leichten Disciplinarstrafen davon, da Stägemann
und Altenstein dem Könige die Harmlosigkeit der Sache nachwiesen.)
Wittgenstein dagegen und Schuckmann stimmten stets für Strenge. Un-
*) Cabinetsordres an Landrath v. Borries, 12. März 1824; an Schuckmann,
13. Okt. 1827.
**) Hatzfeldt's Berichte, 20. Mai 1825, 16. Nov. 1826.
***) Stägemann's Deukschrift über die Arminia, 6. Mai; Wittgenstein's Bericht an
den König, 8. Mai 1823.