Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Einschreiten gegen den Jünglingsbund. 445 
Verbindung wohl gekannt, ohne aber hiervon der Behörde Anzeige ge- 
macht zu haben, mit einem außerordentlichen zweijährigen Festungsarrest 
bestraft.“ In Hessen, Württemberg, Mecklenburg urtheilten die Richter 
über dasselbe Verbrechen weit milder. In Baiern wurden die Angeklagten 
sämmtlich vorläufig freigelassen, freilich erst nach einer langen, harten 
Untersuchungshaft, die dem armen Karl Feuerbach den Geist zerrüttete. 
König Friedrich Wilhelm nahm den leidigen Handel anfangs sehr schwer. 
Einem Beamten, der sich für einen der Angeklagten verwendete, ertheilte 
er eine scharfe Rüge: „ich muß Sie für einen Theilnehmer der höchst- 
verderblichen Meinung halten, daß die im Finstern schleichenden verbreche- 
rischen Umtriebe verzeihlich sind, weil sie aus irrthümlichen Ansichten ent- 
springen.“" Begnadigen wollte er erst, wenn jeder der Schuldigen ein 
Drittel seiner Strafe abgebüßt hätte.') Gleichwohl siegte sein gutes Herz 
bald über die strengen Vorsätze: er fühlte, daß die jungen Leute durch die 
lange Untersuchung schon genug gelitten hatten, und erließ ihnen sämmtlich, 
den meisten schon nach Jahresfrist die Strafe. 
Alle diese Verfolgungen wurden von Metternich und Hatzfeldt mit 
unermüdlichem Eifer überwacht. Welche Entrüstung in Wien, als das 
Zerbster Appellationsgericht ein Mitglied des Jünglingsbundes nur zu 
kurzer, leichter Haft verurtheilte — weil man doch nicht wissen könne, ob 
der junge Mann späterhin bei größerer Reife des Geistes seine Pläne 
wirklich ausgeführt hätte. Sofort ließ Metternich die Mainzer Commission 
zum Einschreiten auffordern, aber der redliche Präsident Kaisenberg weigerte 
sich den Gang der Rechtspflege zu stören, obgleich ihm auch Schuckmann 
die gleiche Zumuthung stellte. Dann abermals große Aufregung in der 
Hofburg und scharfe Verwarnungen an das Darmstädter Cabinet, als die 
milden Urtheile der hessischen Gerichte „einen neuen Scandal für ganz 
Deutschland“ geschaffen hatten) 
Während die große Untersuchung gegen den Jünglingsbund noch 
schwebte, wurde zugleich auch unter den übrigen Studentenvereinen gründ- 
lich aufgeräumt. An der Berliner Universität blühte noch nach 1819 ein 
mannigfaltiges und kräftiges Verbindungsleben; das brach nun alles zu- 
sammen, seit der neue Regierungsbevollmächtigte Schulz mit seinen plumpen 
Fäusten dazwischenfuhr. Auch ein Herminenbund mit dem schrecklichen 
Wahlspruche „Einheit, Freiheit, Gleichheit“ wurde dort entdeckt; seine Mit- 
glieder kamen aber alle mit leichten Disciplinarstrafen davon, da Stägemann 
und Altenstein dem Könige die Harmlosigkeit der Sache nachwiesen.) 
Wittgenstein dagegen und Schuckmann stimmten stets für Strenge. Un- 
  
*) Cabinetsordres an Landrath v. Borries, 12. März 1824; an Schuckmann, 
13. Okt. 1827. 
**) Hatzfeldt's Berichte, 20. Mai 1825, 16. Nov. 1826. 
***) Stägemann's Deukschrift über die Arminia, 6. Mai; Wittgenstein's Bericht an 
den König, 8. Mai 1823.
	        
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