Bundesbeschluß über Holstein. 601
wesen und der Widerspruchsgeist des Bundesgesandten Hammerstein stimmten
diesmal überein. Der Hannoveraner äußerte sich sehr scharf und sagte dem
Dänen gradezu: es scheint mir, daß es „unmöglich ist, die Wirksamkeit
dieser Verfassung mehr anzuerkennen als in der k. Bestätigung vom Jahre
1816 geschehen ist".
Oesterreich aber sah in den Bittenden einfach Revolutionäre. Graf
Münch beantragte die Ritterschaft abzuweisen und sie zu vertrösten auf
die von Dänemark versprochene dereinstige Verleihung einer neuen Ver-
fassung: denn niemals werde der kaiserliche Hof dulden, daß der Bund
den Souveränen Fristen setze für die Einführung von Landständen. „Der
bedächtige Deutsche“, sagte er salbungsvoll, „wird um des umsichtigen und
Alles wohl erwägenden Vorgangs seines Fürsten willen nicht Mißtrauen
in die Reinheit des Willens der Regierung setzen, und der treue Deutsche
wird in dieser, alle Rücksichten mit landesväterlichem Sinne wohl um-
fassenden Sorgfalt sich nur noch inniger an seinen Landesfürsten an-
schließen.“ In einem ruhiger gehaltenen Vortrage stimmte Goltz der
Ansicht Oesterreichs zu, wofür König Friedrich VI. dem Berliner Hofe
seinen gerührten Dank aussprechen ließ;) desgleichen die Mehrheit der
übrigen Gesandten.
Der Beschluß wurde über die Ferien hinaus verschoben. Während
der Ferien aber erfolgte die Epuration des Bundestags, die Vernichtung
der Wangenheimischen Partei, und als man endlich am 27. Nov. 1823
abstimmte, wagte Niemand mehr dem Antrage Oesterreichs zu widersprechen;
selbst Hammerstein schwieg.*) Am Tage zuvor hatte Dahlmann eine zweite
Eingabe, zur Widerlegung der Behauptungen des dänischen Gesandten,
einreichen lassen. Graf Münch aber belegte die tausend Exemplare mit
Beschlag und untersagte die Vertheilung an die Bundesgesandten. Erst
nachträglich, im Januar 1824, berichtete sein getreuer Blittersdorff über
diese zweite Denkschrift. Der hatte nach seiner frivolen Weise über die
Bemühungen der Freunde Wangenheim's gewitzelt und seinem Hofe rund-
heraus erklärt: mit solchen Leuten könne er auf keinen Fall zusammen-
gehen, schon um nicht selber verdächtig zu werden.) Nun bethätigte er
seine gute Gesinnung durch eine leidenschaftliche Polemik wider Dahlmann,
da „die Ritterschaft zu achtungswerth sei als daß man ihr dergleichen zur
Last legen könnte“". Er rügte, daß Dahlmann seine Stellung zum Bundes-
tage durchaus verkannt habe. Kläger und Beklagter vor der Bundes
versammlung seien keineswegs „Parteien, die auf gleicher Stufe stünden“;
niemals dürften Privatleute die Erklärungen der Bundestagsgesandten
einer unpassenden Kritik unterziehen. Damit war auch die zweite Denk-
*) Dohna's Bericht, 26. Juli 1823.
**) Goltz's Bericht, 29. Nov. 1823.
***) Blittersdorff's Berichte, 6. April, 11. Juli 1823.