616 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine.
Kaum auf dem Throne nahm der König den Walhalla-Plan wieder
auf, den er einst in den Tagen der Fremdherrschaft ersonnen hatte: hoch
über der Donau bei Regensburg sollte der Tempel deutscher Ehren sich
erheben, ein ernster dorischer Bau auf mächtiger Terrasse. Während dieser
Entwurf noch in Berathung war, wurden fast gleichzeitig die Grundsteine
gelegt für den Königsbau, die Allerheiligenkirche, die Pinakothek. Das
Alles leitete Leo Klenze, ein Niedersachse vom Harz, ein Bewunderer der
hellenischen Ideale, nicht so reich an eigenen Gedanken wie Schinkel, aber
überaus fruchtbar und geschmeidig genug um den Launen des Bauherrn
sich zu fügen; die Augenweide des Baumeisters, den echten Haustein boten
ihm in Fülle die Marmorbrüche, welche der König am Untersberge an—
gekauft hatte. Der dem Palaste Pitti nachgebildete Königsbau trug allzu
deutlich das Gepräge bewußter Nachahmung und reichte an die über—
wältigende Erhabenheit der wie von Cyclopenhänden geschichteten Stein—
massen Brunellesco's nicht heran. Um so glücklicher gelang das Innere
der byzantinischen Hofkapelle, ein phantastischer und doch harmonischer Bau,
in den der König seine liebsten Träume eingesponnen hatte, strahlend von
Gold und Marmor, fast ebenso schön wie sein herrliches Vorbild, die
Cappella Palatina der Normannenkönige im Schlosse von Palermo; in dem
Dämmerscheine, der droben an den Wölbungen um Heinrich Heß's ernste
Bilder spielte, überkam die Besucher ein Gefühl weihevoller Andacht, wie
xcs die frostigen Kirchenbauten unseres weltlichen Jahrhunderts nur selten
zu wecken verstehen. In dem florentinischen Palast der Pinakothek wurde
durch den umsichtigen Gallerie-Direktor Dillis außer der Sammlung der
Brüder Boisseree auch die neuerworbene Wallerstein'dsche Gallerie auf-
gestellt, so daß neben der rheinischen auch die oberdeutsche Kunst der alten
Zeit glänzend vertreten war; dazu die großen Rubens'schen Bilder aus
Düsseldorf, treffliche Murillos und Italiener — das Ganze eine Samm-
lung, die in Deutschland nur von der Dresdener übertroffen wurde. Um
sie zu schmücken, hatte Nürnberg manches seiner Kleinodien hergeben
müssen. Indeß war Ludwig nicht gemeint, seine Provinzialstädte zu be-
rauben; vielmehr erließ er eine verständige Verordnung zum Schutze der
alten Denkmäler und wachte streng darüber. Der Vandalismus der
rheinbündischen Tage nahm ein Ende. Die Baiern wurden ihrer schönen
Städte wieder froh, seit der Schwabe Heideloff und eine ganze Schule
altdeutsch gesinnter Baumeister in Nürnberg, Bamberg, Regensburg die
verfallenden Kirchen und Prachtbauten, meist auf Geheiß des Königs, stil-
getreu wiederherstellten.
Die Skulptur wollte anfangs in München nicht recht gedeihen, und
oft genug erinnerte sich der König an den Ausspruch Thorwaldsen's, daß
der Protestantismus der Bildhauerkunst, die katholische Bildung der
Malerei günstig sei. Darum rief er Auswärtige zu Hilfe, ließ das Denkmal
seines Vaters durch Rauch, das Reiterstandbild des katholischen Maximilian