Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Das Ausland gegen den preußischen Zollverein. 645 
hessischen Vereines und erhielt die kühle Antwort: der Verein habe an den 
preußischen Zöllen gar nichts geändert; doch wisse Jedermann, daß Preußen 
freieren handelspolitischen Grundsätzen huldige als England.) 
Mit diesen Ränken des Auslands, die bald einen sehr bedrohlichen 
Charakter annahmen, verkettete sich der unselige Sponheimer Handel. 
König Ludwig war, da er sich allerdings auf Oesterreichs unerfüllte Ver- 
sprechungen berufen konnte, von seinem Rechte auf den Heimfall der Pfalz 
tief überzeugt und fühlte sich schwer beleidigt, als Preußen seinen An- 
sprüchen entgegentrat. Der preußische Gesandte merkte dem Könige bald 
an, daß er etwas auf dem Herzen habe. Da trafen sich die Beiden eines 
Tags auf der Straße. Der König trat auf den Diplomaten zu, ging 
eine Strecke Weges mit ihm und schüttete seinen Zorn aus: „Ich kann 
nicht genug sagen, wie tief es mich geschmerzt, daß gerade Preußen in der 
badischen Sache sich voran und mir gegenübergestellt hat. Anders kann 
ich das Memoire nicht bezeichnen, womit Preußen, ohne mich zu hören, 
die Initiative gegen mich bei den übrigen Höfen ergriffen hat. Bernstorff 
denkt immer noch an das alte Baiern; es ist aber heute ein neues Baiern, 
ein neuer König. Preußen hat nie einen größeren Enthusiasten gehabt 
als mich. Um so mehr hat mich's gekränkt, daß man sich aus meiner 
Freundschaft gar nichts macht. Will man mich denn nur zum Gegner 
haben?“ Der König ereiferte sich, erhob die Stimme, die Vorübergehenden 
blieben stehen und horchten auf. Der Gesandte konnte sich dem schwer- 
hörigen Fürsten nicht verständlich machen, gerieth in peinliche Verlegenheit, 
gab seinem Hofe den Rath, man möge den Erzürnten beschwichtigen.) 
Augenblicklich ließ sich wenig thun, da König Friedrich Wilhelm das gute 
Recht Badens schlechterdings nicht preisgeben wollte. Für die Zukunft 
war noch nichts verloren. Der heißblütige Wittelsbacher blieb auch als 
Gegner offen und ehrlich; sobald sein Zorn verrauchte, konnte man vielleicht 
wieder anknüpfen, da ihm Deutschlands Handelseinheit wirklich am Herzen 
lag. Vor der Hand freilich wirkte der Münchener Hof dem preußisch- 
hessischen Vereine offen entgegen; er versuchte, durch unentgeltlichen Vor- 
spann und ähnliche kleine Mittel den Verkehr von Gießen und Vilbel 
auf die Linie Hersfeld-Fulda hinüberzulocken, verlangte von dem Hause 
Thurn und Taxis, daß die Frankfurt-Aschaffenburger Post über Hanau, 
nicht mehr durch das darmstädtische Gebiet geführt werde u. s. w. 
Der entscheidende Kampf entspann sich am Casseler Hofe; noch ein- 
mal wurde die kurhessische Handelspolitik verhängnißvoll für das ganze 
Deutschland. Der Großherzog von Hessen hatte die Berliner Verhand- 
lungen nur gutgeheißen in der bestimmten Erwartung, daß der Casseler 
Vetter seinem Beispiele folgen würde. Deshalb blieb der preußisch-hessische 
  
*) Bülow's Bericht, 5. Mai 1828. 
**) Küster's Bericht, 15. April 1828.
	        
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