Das Ausland gegen den preußischen Zollverein. 645
hessischen Vereines und erhielt die kühle Antwort: der Verein habe an den
preußischen Zöllen gar nichts geändert; doch wisse Jedermann, daß Preußen
freieren handelspolitischen Grundsätzen huldige als England.)
Mit diesen Ränken des Auslands, die bald einen sehr bedrohlichen
Charakter annahmen, verkettete sich der unselige Sponheimer Handel.
König Ludwig war, da er sich allerdings auf Oesterreichs unerfüllte Ver-
sprechungen berufen konnte, von seinem Rechte auf den Heimfall der Pfalz
tief überzeugt und fühlte sich schwer beleidigt, als Preußen seinen An-
sprüchen entgegentrat. Der preußische Gesandte merkte dem Könige bald
an, daß er etwas auf dem Herzen habe. Da trafen sich die Beiden eines
Tags auf der Straße. Der König trat auf den Diplomaten zu, ging
eine Strecke Weges mit ihm und schüttete seinen Zorn aus: „Ich kann
nicht genug sagen, wie tief es mich geschmerzt, daß gerade Preußen in der
badischen Sache sich voran und mir gegenübergestellt hat. Anders kann
ich das Memoire nicht bezeichnen, womit Preußen, ohne mich zu hören,
die Initiative gegen mich bei den übrigen Höfen ergriffen hat. Bernstorff
denkt immer noch an das alte Baiern; es ist aber heute ein neues Baiern,
ein neuer König. Preußen hat nie einen größeren Enthusiasten gehabt
als mich. Um so mehr hat mich's gekränkt, daß man sich aus meiner
Freundschaft gar nichts macht. Will man mich denn nur zum Gegner
haben?“ Der König ereiferte sich, erhob die Stimme, die Vorübergehenden
blieben stehen und horchten auf. Der Gesandte konnte sich dem schwer-
hörigen Fürsten nicht verständlich machen, gerieth in peinliche Verlegenheit,
gab seinem Hofe den Rath, man möge den Erzürnten beschwichtigen.)
Augenblicklich ließ sich wenig thun, da König Friedrich Wilhelm das gute
Recht Badens schlechterdings nicht preisgeben wollte. Für die Zukunft
war noch nichts verloren. Der heißblütige Wittelsbacher blieb auch als
Gegner offen und ehrlich; sobald sein Zorn verrauchte, konnte man vielleicht
wieder anknüpfen, da ihm Deutschlands Handelseinheit wirklich am Herzen
lag. Vor der Hand freilich wirkte der Münchener Hof dem preußisch-
hessischen Vereine offen entgegen; er versuchte, durch unentgeltlichen Vor-
spann und ähnliche kleine Mittel den Verkehr von Gießen und Vilbel
auf die Linie Hersfeld-Fulda hinüberzulocken, verlangte von dem Hause
Thurn und Taxis, daß die Frankfurt-Aschaffenburger Post über Hanau,
nicht mehr durch das darmstädtische Gebiet geführt werde u. s. w.
Der entscheidende Kampf entspann sich am Casseler Hofe; noch ein-
mal wurde die kurhessische Handelspolitik verhängnißvoll für das ganze
Deutschland. Der Großherzog von Hessen hatte die Berliner Verhand-
lungen nur gutgeheißen in der bestimmten Erwartung, daß der Casseler
Vetter seinem Beispiele folgen würde. Deshalb blieb der preußisch-hessische
*) Bülow's Bericht, 5. Mai 1828.
**) Küster's Bericht, 15. April 1828.