Versöhnung zwischen Preußen und Baiern. 665
rief er zuversichtlich, „daß einzelne Mitglieder des mitteldeutschen Vereins
dringend um Aufnahme in den preußischen Verein bitten werden!“ Er
hatte noch im Januar bezweifelt, ob eine Verbindung mit dem so weit
abgelegenen bairisch-württembergischen Verein räthlich sei; jetzt faßte er den
glücklichen Gedanken, über den Handelsverein hinweg den süddeutschen
Königskronen die Hand zu reichen und dergestalt durch einen Bund des
Nordens mit dem Süden den mitteldeutschen Sonderbund zu zerstören. —
Zum Heil für Deutschland erwachten um dieselbe Zeit ähnliche Wünsche
in München und Stuttgart. Wie laut auch König Ludwig im ersten
Zorne wider Preußens und Darmstadts Verrätherei gescholten hatte, auf
die Dauer konnte er sich doch nicht verbergen, daß seine eigenen kühnen
Pläne gescheitert waren. Nachdem Kurhessen zu den Mitteldeutschen über-
getreten, war an eine Vergrößerung des süddentschen Vereins nicht mehr
zu denken; der rein deutsche Bund unter Wittelsbach's Fahnen blieb ein
Traum. Ebenso wenig konnte der Verein in seiner vereinsamten Stellung
verharren. Auch trat, wie Metternich vorhergesehen, die alte Abneigung
zwischen den beiden Königen bald wieder hervor. Die Hoffnung auf einen
Handelsverein mit der Schweiz ward zu nichte an der Zwietracht der
Eidgenossen. So blieb den oberdeutschen Königen nur die Wahl entweder
mit Preußen oder mit dem sächsisch-englischen Vereine eine Verbindung
zu suchen. Hinter Sachsen und Hannover aber stand Oesterreich; dies
allein genügte um den König von Württemberg gegen die mitteldeutschen
Verbündeten einzunehmen. Sein neuer Finanzminister, Frhr. Karl Varn-
büler, derselbe, der einst in den Vorderreihen der Altrechtler gestanden,
bewährte sich als ausgezeichneter Geschäftsmann und rieth dringend zur
Verständigung mit Preußen. Welchen nennenswerthen handelspolitischen
Vortheil, außer der Herabsetzung der Durchfuhrzölle, hatten die Mittel-
deutschen zu bieten? Wie sollte der patriotische König von Baiern sich ein-
lassen in jene unsauberen Zettelungen mit Frankreich, England, Holland,
welche der mitteldeutsche Verein mit unbeschämter Stirn betrieb? In der
ersten Aufwallung des Zornes hatte König Ludwig wohl einen Schritt
nach Frankreich hinüber gethan; ein Bündniß mit dem Auslande einzu-
gehen, den deutschen Verkehr dem englischen Handelsinteresse zu unter-
werfen lag dem bei all seiner Wunderlichkeit grunddentschen Monarchen
ebenso fern wie seinem vertrauten Minister Armansperg.
Sobald man in München kaltblütig überlegte, erschien doch selbst
Preußens Verhalten in dem Sponheimer Handel erklärlich. Die Berliner
Regierung war ja durch europäische Verträge verpflichtet Badens Recht
zu schützen; sie verfuhr, wie König Ludwig selbst zugeben mußte, mit rück-
haltloser Offenheit; ihr Gesandter suchte durch versöhnliche Sprache den
erzürnten Fürsten zu beschwichtigen. Preußen schlug jetzt vor, Baiern und
Baden sollten beiderseits auf ihr Sponheimer Erbrecht verzichten, damit
der leidige Handel für immer aus der Welt geschafft würde. König Ludwig