Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Versöhnung zwischen Preußen und Baiern. 665 
rief er zuversichtlich, „daß einzelne Mitglieder des mitteldeutschen Vereins 
dringend um Aufnahme in den preußischen Verein bitten werden!“ Er 
hatte noch im Januar bezweifelt, ob eine Verbindung mit dem so weit 
abgelegenen bairisch-württembergischen Verein räthlich sei; jetzt faßte er den 
glücklichen Gedanken, über den Handelsverein hinweg den süddeutschen 
Königskronen die Hand zu reichen und dergestalt durch einen Bund des 
Nordens mit dem Süden den mitteldeutschen Sonderbund zu zerstören. — 
Zum Heil für Deutschland erwachten um dieselbe Zeit ähnliche Wünsche 
in München und Stuttgart. Wie laut auch König Ludwig im ersten 
Zorne wider Preußens und Darmstadts Verrätherei gescholten hatte, auf 
die Dauer konnte er sich doch nicht verbergen, daß seine eigenen kühnen 
Pläne gescheitert waren. Nachdem Kurhessen zu den Mitteldeutschen über- 
getreten, war an eine Vergrößerung des süddentschen Vereins nicht mehr 
zu denken; der rein deutsche Bund unter Wittelsbach's Fahnen blieb ein 
Traum. Ebenso wenig konnte der Verein in seiner vereinsamten Stellung 
verharren. Auch trat, wie Metternich vorhergesehen, die alte Abneigung 
zwischen den beiden Königen bald wieder hervor. Die Hoffnung auf einen 
Handelsverein mit der Schweiz ward zu nichte an der Zwietracht der 
Eidgenossen. So blieb den oberdeutschen Königen nur die Wahl entweder 
mit Preußen oder mit dem sächsisch-englischen Vereine eine Verbindung 
zu suchen. Hinter Sachsen und Hannover aber stand Oesterreich; dies 
allein genügte um den König von Württemberg gegen die mitteldeutschen 
Verbündeten einzunehmen. Sein neuer Finanzminister, Frhr. Karl Varn- 
büler, derselbe, der einst in den Vorderreihen der Altrechtler gestanden, 
bewährte sich als ausgezeichneter Geschäftsmann und rieth dringend zur 
Verständigung mit Preußen. Welchen nennenswerthen handelspolitischen 
Vortheil, außer der Herabsetzung der Durchfuhrzölle, hatten die Mittel- 
deutschen zu bieten? Wie sollte der patriotische König von Baiern sich ein- 
lassen in jene unsauberen Zettelungen mit Frankreich, England, Holland, 
welche der mitteldeutsche Verein mit unbeschämter Stirn betrieb? In der 
ersten Aufwallung des Zornes hatte König Ludwig wohl einen Schritt 
nach Frankreich hinüber gethan; ein Bündniß mit dem Auslande einzu- 
gehen, den deutschen Verkehr dem englischen Handelsinteresse zu unter- 
werfen lag dem bei all seiner Wunderlichkeit grunddentschen Monarchen 
ebenso fern wie seinem vertrauten Minister Armansperg. 
Sobald man in München kaltblütig überlegte, erschien doch selbst 
Preußens Verhalten in dem Sponheimer Handel erklärlich. Die Berliner 
Regierung war ja durch europäische Verträge verpflichtet Badens Recht 
zu schützen; sie verfuhr, wie König Ludwig selbst zugeben mußte, mit rück- 
haltloser Offenheit; ihr Gesandter suchte durch versöhnliche Sprache den 
erzürnten Fürsten zu beschwichtigen. Preußen schlug jetzt vor, Baiern und 
Baden sollten beiderseits auf ihr Sponheimer Erbrecht verzichten, damit 
der leidige Handel für immer aus der Welt geschafft würde. König Ludwig
	        
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