666 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine.
sträubte sich lange, doch fing er an zu begreifen, daß dies der einzige
Weg sei, um sich mit Anstand aus dem verlorenen Spiele zurückzuziehen.
Gegen den Spätsommer 1828 begannen der Minister und sein könig-
licher Freund bereits die Frage zu erwägen, ob nicht eine Annäherung
an den preußisch-hessischen Verein unvermeidlich sei. Daß die öffentliche
Meinung in Baiern dieser Annäherung entschieden widerstrebte, war für
die Freunde eher ein Stachel als ein Hemmniß. Voll hochfliegender Be-
geisterung, empfänglich für alles Außerordentliche, liebten Beide die Welt
durch unerwartete Entschlüsse zu überraschen. Um so schwerer fiel ihnen,
die Demüthigung ihres Ehrgeizes, den Schiffbruch ihrer rein-deutschen
Pläne zu verwinden. Aber sie vermochten es über sich, das Opfer zu
bringen. Unabweisbar drängten diese trocknen Geschäftsverhandlungen den
näaher Betheiligten die Einsicht auf, daß die Deutschen doch zu einander
gehörten, nur durch Mißtrauen, durch Unkenntniß und durch die Selbst-
sucht, die immer der schlimmste Feind des eigenen Vortheils ist, einander
verfeindet wurden.
Ganz unerwartet fand sich ein Helfer, der die beginnende Umstim-
mung am Münchener Hofe zu fördern und für Deutschlands große Sache
zu verwerthen verstand. Der Buchhändler Freiherr v. Cotta war als
großer Geschäftsmann mit Personen und Zuständen des deutschen Nordens
näher vertraut als das schwäbisch-bairische Beamtenthum, und blickte,
wie er schon in dem württembergischen Verfassungskampfe bewiesen hatte,
auch in der Handelssache über die landläufigen süddeutschen Vorurtheile
weit hinaus. Unternehmend und beweglich, befreundet mit Nebenius und
anderen namhaften Volkswirthen in allen Theilen Deutschlands, erkannte
er längst, daß der süddeutsche Verkehr ohne Preußens freundnachbarlichen
Beistand niemals gesunden könne, und obgleich ihm viel daran lag, die
Gunst Metternich's für seine Allgemeine Zeitung nicht zu verlieren, so
faßte er doch den tapferen Entschluß als Vermittler aufzutreten. Er
besprach sich insgeheim mit Armansperg, reiste dann im September 1828
nach Berlin zu dem großen Naturforschertage, der also auch für unsere
Politik bedeutsam werden sollte. Cotta wurde durch Humboldt bei Witz-
leben und Motz eingeführt, sprach dort den Gedanken aus, ob nicht eine
Verständigung zwischen Baiern und Preußen möglich sei, und fand den
günstigsten Empfang. Eine überraschende Verwandtschaft der Anschauungen
stellte sich heraus. Motz bekannte, daß er sich längst mit ähnlichen Ab-
sichten getragen habe; im Grunde seien es ja doch nur Mißverständnisse,
welche bisher zwischen den beiden Staaten gestanden. Cotta kehrte heim
und schrieb am 20. Oktober aus München: er habe des Ministers
„gnädige Eröffnungen“ den Monarchen in München und Stuttgart mit-
getheilt; Beide seien von der Nothwendigkeit des Planes überzeugt und
hätten bereits die Einladung, dem mitteldeutschen Vereine beizutreten,
zurückgewiesen. Nunmehr zog Motz das Auswärtige Amt in das Geheimniß