Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

666 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine. 
sträubte sich lange, doch fing er an zu begreifen, daß dies der einzige 
Weg sei, um sich mit Anstand aus dem verlorenen Spiele zurückzuziehen. 
Gegen den Spätsommer 1828 begannen der Minister und sein könig- 
licher Freund bereits die Frage zu erwägen, ob nicht eine Annäherung 
an den preußisch-hessischen Verein unvermeidlich sei. Daß die öffentliche 
Meinung in Baiern dieser Annäherung entschieden widerstrebte, war für 
die Freunde eher ein Stachel als ein Hemmniß. Voll hochfliegender Be- 
geisterung, empfänglich für alles Außerordentliche, liebten Beide die Welt 
durch unerwartete Entschlüsse zu überraschen. Um so schwerer fiel ihnen, 
die Demüthigung ihres Ehrgeizes, den Schiffbruch ihrer rein-deutschen 
Pläne zu verwinden. Aber sie vermochten es über sich, das Opfer zu 
bringen. Unabweisbar drängten diese trocknen Geschäftsverhandlungen den 
näaher Betheiligten die Einsicht auf, daß die Deutschen doch zu einander 
gehörten, nur durch Mißtrauen, durch Unkenntniß und durch die Selbst- 
sucht, die immer der schlimmste Feind des eigenen Vortheils ist, einander 
verfeindet wurden. 
Ganz unerwartet fand sich ein Helfer, der die beginnende Umstim- 
mung am Münchener Hofe zu fördern und für Deutschlands große Sache 
zu verwerthen verstand. Der Buchhändler Freiherr v. Cotta war als 
großer Geschäftsmann mit Personen und Zuständen des deutschen Nordens 
näher vertraut als das schwäbisch-bairische Beamtenthum, und blickte, 
wie er schon in dem württembergischen Verfassungskampfe bewiesen hatte, 
auch in der Handelssache über die landläufigen süddeutschen Vorurtheile 
weit hinaus. Unternehmend und beweglich, befreundet mit Nebenius und 
anderen namhaften Volkswirthen in allen Theilen Deutschlands, erkannte 
er längst, daß der süddeutsche Verkehr ohne Preußens freundnachbarlichen 
Beistand niemals gesunden könne, und obgleich ihm viel daran lag, die 
Gunst Metternich's für seine Allgemeine Zeitung nicht zu verlieren, so 
faßte er doch den tapferen Entschluß als Vermittler aufzutreten. Er 
besprach sich insgeheim mit Armansperg, reiste dann im September 1828 
nach Berlin zu dem großen Naturforschertage, der also auch für unsere 
Politik bedeutsam werden sollte. Cotta wurde durch Humboldt bei Witz- 
leben und Motz eingeführt, sprach dort den Gedanken aus, ob nicht eine 
Verständigung zwischen Baiern und Preußen möglich sei, und fand den 
günstigsten Empfang. Eine überraschende Verwandtschaft der Anschauungen 
stellte sich heraus. Motz bekannte, daß er sich längst mit ähnlichen Ab- 
sichten getragen habe; im Grunde seien es ja doch nur Mißverständnisse, 
welche bisher zwischen den beiden Staaten gestanden. Cotta kehrte heim 
und schrieb am 20. Oktober aus München: er habe des Ministers 
„gnädige Eröffnungen“ den Monarchen in München und Stuttgart mit- 
getheilt; Beide seien von der Nothwendigkeit des Planes überzeugt und 
hätten bereits die Einladung, dem mitteldeutschen Vereine beizutreten, 
zurückgewiesen. Nunmehr zog Motz das Auswärtige Amt in das Geheimniß
	        
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