672 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine.
Dann schickte Preußen zwei seiner besten Finanzmänner, Sotzmann und
Pochhammer, nach München, um die neuen Zolleinrichtungen einführen zu
helfen. Die bairischen Beamten erstaunten, so viel Geduld und Schonung
bei den verrufenen Preußen zu finden; in gemeinsamer ernsthafter Arbeit
trat man einander näher.
un der schwere Entschluß gefaßt war, segelte König Ludwig sogleich
mit rastlosem Ungestüm in dem neuen Fahrwasser dahin. Er pries in
überschwänglichen Worten die Redlichkeit, die Mäßigung, die Größe der
Ansichten des Berliner Cabinets, versicherte dem Bildhauer Rauch, wie
stolz er sei mit dem Staate Friedrich's Hand in Hand zu gehen, wie
rechtschaffen und weise König Friedrich Wilhelm sich gehalten habe. Die
öffentliche Meinung im Süden nahm den Vertrag voll Mißtrauens auf;
eine Deputation, die dem Könige den Dank der guten Stadt Nördlingen
aussprach, blieb eine vereinzelte Erscheinung. In den höheren Kreisen des
bairischen Beamtenthums fühlte man doch, daß endlich nach langen J#r-
fahrten fester Ankergrund gefunden sei. Der Bundestagsgesandte Lerchen-
feld erhielt strenge Weisung, sich der mitteldeutschen Zettelungen zu ent-
halten, und wirkte fortan zu Frankfurt und Cassel redlich mit seinen
preußischen Genossen zusammen. Die freieren Köpfe ahnten von vorn-
herein, daß dies gesunde naturgemäße Bündniß zwischen den beiden größten
deutschen Staaten weiter führen mußte. Schon bei den Berliner Ver-
handlungen hatte Hofmann die Frage aufgeworfen, ob nicht Preußens
westliche Provinzen mit dem Süden sogleich einen wirklichen Zollverein
bilden sollten. In dieser unreisen Form war der Gedanke für Preußen
unannehmbar. Sobald man den Vertrag ausführte, zeigte sich jedoch
rasch, daß man nicht auf halbem Wege stehen bleiben konnte. Die bairische
Rheinpfalz erhielt bairische Mauthen, da man sich in München nicht hatte
entschließen können, sie dem preußischen Zollsystem einzufügen. Das Er-
gebniß war trostlos: die Provinz brachte im Jahre 1830 nur 165,000 fl.
an Zöllen auf, während die Grenzbewachung 248,000 fl. verschlang. Der
Landrath der Pfalz bat und klagte; der Zustand konnte nicht dauern.
Schon im Februar 1830 fragte der unermüdliche Cotta bei Hofmann
vertraulich an, wie man denn bei vollständiger Zollgemeinschaft mit den
preußischen Behörden auskomme. Hofmann antwortete mit einem warmen
Lobe für die preußischen Beamten, die sich zwar anfangs sehr mißtrauisch
zeigten, nachher aber, sobald sie die Zuverlässigkeit der hessischen Ver-
waltung kennen lernten, ganz umgänglich wurden.)
Das Ausland und seine Gesellen, die Mitteldeutschen, sahen mit
wachsendem Schrecken, wie Preußens Handelspolitik binnen Jahresfrist
einen zweiten großen Erfolg errang. Vergeblich hatte das sächsische
Cabinet noch während der Berliner Verhandlungen den Münchener Hof
*) Maltzan's Bericht, 26. Febr. 1830.