Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Provinzialstände für Schleswig und Holstein. 1 73 
erfahrene Männer aus den Herzogtümern nach Kopenhagen, um mit 
ihnen die Grundzüge der Provinzialverfassungen festzustellen. Unterstützt 
von Niebuhrs Freunde, dem feurigen Romantiker Grafen Adam Moltke, 
versuchte hier Falck nochmals einen gemeinsamen Landtag für Schleswig- 
Holstein durchzusetzen. Er unterlag. Am 15. Mai 1834 wurde endlich 
die Bildung der beiden Provinziallandtage für die Herzogtümer ange- 
ordnet. 
In beiden erhielten Ritterschaft und Großgrundbesitz nur etwa ein 
Drittel der Stimmen; je ein Drittel der Abgeordneten sollte von den 
städtischen und den ländlichen Grundbesitzern unmittelbar gewählt werden. 
Diese kühne Neuerung überraschte allgemein; denn fast in allen anderen 
deutschen Staaten bestand das System der indirekten Wahlen, und selbst 
die Liberalen hegten noch überall das Vorurteil, daß nur so die öffent- 
liche Ordnung gesichert werden könne. Noch größer war das Erstaunen, 
als der König nicht nur den alten nexus socialis der schleswig-holstei- 
nischen Ritterschaft sowie alle die anderen, beide Herzogtümer verbinden- 
den Rechtsverhältnisse ausdrücklich anerkannte, sondern sogar neue hoch- 
wichtige gemeinsame Institutionen einführte: ein Oberappellationsgericht, 
das in Kiel, eine gemeinschaftliche Provinzialregierung, die auf dem Schlosse 
Gottorp hausen und das schleswig-holsteinische Wappen führen sollte. In 
demselben Augenblicke, da man die Landstände der Herzogtümer trennte, 
wurde also die Einheit ihrer Rechtspflege und Verwaltung neu befestigt, 
stärker befestigt, als Lornsen selbst zu fordern gewagt hatte. Offenbar 
wußte König Friedrich nicht genau, was er tat; er fühlte nur dunkel, 
daß er seinen deutschen Landen irgendein Zugeständnis schuldig sei, und 
ahnte nicht die unausbleiblichen Folgen der Gewährung. 
In Schleswig-Holstein waren selbst Falck und die Ritterschaft sofort 
entschlossen, ihrer Rechtsbedenken ungeachtet das königliche Geschenk an- 
zunehmen; denn durch die Errichtung der Provinzialstände wurde die Un- 
teilbarkeit der Lande nicht geradezu aufgehoben, erhielt doch auch Jütland 
seinen eigenen Landtag neben den Inseln. Da die Landtage beider Herzog- 
tümer nach denselben Grundsätzen gebildet waren und beide der Regel 
nach dieselben Gesetze vorgelegt erhielten, so erschienen sie fast wie zwei 
Kurien einer Ständeversammlung und konnten vielleicht im Laufe der 
Zeit förmlich vereinigt werden. In solchem Sinne verfaßte Franz Hege- 
wisch, der geistvolle, beim Adel und Bürgertum gleich angesehene Kieler 
Arzt, eine Schrift: „Für Holstein, nicht gegen Dänemark.“ Wie alle 
Patrioten der Nordmark hielt er die Verbindung mit Dänemark noch für 
ein Glück und meinte arglos, dieser heilsame Bund werde am besten ge- 
sichert, wenn die Herzogtümer unter sich eng vereinigt blieben und 
Schleswig also das Bindeglied bilde zwischen dem deutschen Bundeslande 
Holstein und den dänischen Provinzen. In der Tat konnte nur eine 
ehrliche Politik, die das alte Recht der ihrem Königshause so treu er-
	        
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