General Dumoulin. 317
und auch der Bundestag hegte keine Bedenken.“) An sich war ein solcher
Gebietstausch für Deutschland keineswegs unannehmbar. Der einzige
militärisch wichtige Platz Luxemburgs, die Bundesfestung, sollte deutsch
bleiben, das limburgische Maasland grenzte unmittelbar an preußisches
Gebiet, und da das Großherzogtum bisher nur dem Namen nach zum
Deutschen Bunde gehört hatte, so kam leider sehr wenig darauf an, ob
fortan statt der 150000 luxemburgischen Wallonen ebensoviele limburgische
Niederdeutsche zu den Einwohnern des Bundesgebiets gerechnet wurden.
Der junge belgische Staat war für neutral erklärt worden, folglich durfte
sein König nicht in den Deutschen Bund eintreten, und Deutschland mußte
durch holländisches Gebiet für den Verlust der Westhälfte Luxemburgs
entschädigt werden.
Nach alledem erschien der in London gefundene Ausweg als der
einzige, der aus der Verwirrung hinausführte. Schmachvoll war dabei
nur, daß die Belgier, vom Bunde ungehindert, das deutsche Bundesland
schon besetzt hielten und sich mithin rühmen konnten, das große Deutsch-
land zu einer Abtretung gezwungen zu haben. Die Londoner Konferenz
beachtete diese häßliche Kehrseite des Handels nicht, und in den Vierund-
zwanzig Artikeln, welche die Großmächte am 15. Nov. 1831 mit Belgien
vereinbarten, wurde der Gebietsaustausch an der deutschen Grenze förmlich
beschlossen, immer unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rechte des Bundes.
Damit schien der Streit erledigt. Jetzt aber rächten sich erst die Trägheit
des Bundestags und die Widersetzlichkeit Hannovers. Hätte der Bund,
nach seiner Pflicht, die Exekutionstruppen rechtzeitig in das aufrührerische
Bundesland einrücken lassen, so konnte er in stolzer Ruhe warten, bis
der König der Niederlande den Vierundzwanzig Artikeln endlich zustimmte,
und dann dem in London verabredeten Gebietstausche auch seinerseits
freiwillig, in Ehren die Genehmigung erteilen. Nun war der günstige
Augenblick längst versäumt. Die Belgier blieben im Besitze des ganzen
Landes, was ihnen sogar der König der Niederlande für die Dauer des
Waffenstillstandes ausdrücklich zugestand, und da der König erst im Jahre
1839 seinen Frieden mit Belgien schloß, so geriet die deutsche Insel,
die allein noch aus der belgischen Überschwemmung emporragte, die
Bundesfestung, bald in eine völlig unhaltbare Lage. Die deutsche liberale
Welt war aber mit dem Gezänk der kleinen Landtage, mit Rußland und
Polen, mit Spanien und Portugal dermaßen beschäftigt, daß sie die
schimpflichen Zustände der Westmark keines Blickes würdigte.
Der einzige Mann, der in dieser Bundesschande eine rühmliche
Rolle spielte, war General Dumoulin, der preußische Festungskommandant
von Luxemburg. Ihm allein und seinen braven Soldaten verdankte
*) Bülow an Nagler, 27. August; Eichhorns Denkschrift über die Niederlande,
25. Okt.; Naglers Bericht, 13. Sept. 1831.