340 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten.
der römischen Kurie und der wuchernden Fülle der deutschen Territorial-
gewalten, sich gezwungen sahen, das Fürstentum gegen die Städte zu be-
günstigen, so mußten die Hohenzollern jetzt den Liberalismus bekämpfen.
Der preußische Hof wollte gegen Rußlands Wünsche seine verständige
europäische Friedenspolitik weiterführen, ohne das unentbehrliche Bündnis
der Ostmächte zu zersprengen; er wollte gegen Osterreichs Willen die
praktische deutsche Einheit, den Zollverein aufrecht halten, ohne den für
jetzt ebenfalls unentbehrlichen Deutschen Bund zu zerstören; und wie
konnte er diese zweifache schwierige Aufgabe lösen, wenn er nicht in den
armseligen Händeln der zur Polizei herabgesunkenen Bundespolitik dem
Wiener Hof einiges nachgab? An den Liberalen, den Feinden des Zoll-
vereins, den Freunden Polens fand er keine Stütze. Genug, Alvensleben
ging mit Metternich und Münch, der als einziger Vertreter des Bundes-
tages den Konferenzen beiwohnte, meist zusammen. Nur zu offenbarem
Verfassungsbruch verweigerte er seine Mitwirkung; selbst die in Metter-
nichs Augen schlechthin verwerfliche Offentlichkeit der Landtage wollte
der preußische Hof nur beschränken, nicht beseitigen, da sie einmal in den
neuen Staatsgrundgesetzen zugestanden sei.)
Unter den Ministern der kleinen Staaten tat sich du Thil durch
seinen monarchischen Feuereifer hervor; schwer gereizt durch den Über-
mut des letzten Landtags hatte er die kühnsten Außerungen seiner Darm-
städter Abgeordneten in einem Verzeichnis zusammengestellt und hoffte,
die Konferenz werde diesen Syllabus liberaler Irrlehren feierlich ver-
dammen. Auch der dänische Minister Reventlow-Criminil dachte streng
konservativ wie der Bundesgesandte Pechlin und König Friedrich VI. selbst.
Als während der Wiener Konferenz die neuen, wahrlich sehr bescheidenen
dänischen Provinzialstände eingeführt wurden, hielt der Kopenhager Hof
für nötig, den deutschen Mächten ausdrücklich zu versichern: es sei „der
bestimmte Wille Sr. Majestät, das monarchische Prinzip in allen Stücken
unverletzt aufrechtzuhalten und weder in der Gesetzgebungsgewalt noch im
Besteuerungsrechte etwas von den Befugnissen der Krone aufzugeben“;
er habe „demgemäß den übertriebenen Beschränkungsplänen gegen die sou-
veräne Macht, die unsere Zeit so gefahrvoll für die Ruhe der Völker be-
zeichnen, Schranken gesetzt.“**) Minister von Berg folgte dem Vertreter des
befreundeten dänischen Hofes unbedenklich, da Oldenburg noch keine Ver-
fassung besaß. Auf seinen alten Vertrauten, den Mecklenburger Plessen
durfte Metternich immer zählen, und sogar Bürgermeister Smidt von
Bremen hielt sich jetzt zu der österreichischen Partei, weil die Handels-
politik der Hanseaten den werdenden preußischen Zollverein mit Hilfe der
*) Ancillon, Weisung an Alvensleben, 27. Jan. 1834.
**“) Rundschreiben des dänischen Ministers des Auswärtigen über die neuen Stände,
27. Mai 1834.