402 IV. 6. Der Deutsche Zollverein.
stellte der Senat im Herbst 1834 bei der Krone Preußen die Bitte um
Eröffnung der förmlichen Verhandlungen. Im Januar 1835 kam Senator
Guaita nach Berlin, derselbe, der in dem mitteldeutschen Vereine eine so
gehässige Rolle gespielt hatte. Ein Jahr verging, bis man einig wurde.
Frankfurt erwartete anfangs große Privilegien für seinen Handelsstand,
bis Guaita endlich einsah, daß alle Vorrechte dem Wesen des Vereins
widersprachen. „Die Rechtsgleichheit“, meinte der Bekehrte jetzt, „istder beste
Schutz für die kleinen Staaten. Fordern wir Privilegien, so wird Preußen
dieselben Vorrechte seinen Städten gewähren, und die Begünstigung Kölns
wäre Frankfurts Untergang.“) Preußen wünschte mit dem Zollwesen
zugleich seine Gewerbefreiheit in die Republik einzuführen; denn die Nach-
barn klagten laut, der Darmstädter Landtag sprach in bittern Worten
über das verrottete Frankfurter Zunftwesen. Doch die freie Stadt wollte
dies Heiligtum ihrer Bürgerschaft nicht antasten; nach langem Streite
blieb die alte Unordnung aufrecht. Daß der reiche Handelsplatz unver-
hältnismäßig viel verzehrte, wurde von allen Seiten zugegeben; man
verabredete eine Bauschsumme von 4 fl. auf den Kopf der städtischen
Bevölkerung, fast viermal so viel als der Stadt nach Verhältnis der
Einwohnerzahl gebührte. Der Meßverkehr erhielt dieselben Begünstigungen
wie in Leipzig. Dagegen konnte Preußen die vollständige politische Gleich-
berechtigung des Kleinstaates nicht zugeben. Nach höchst verwickelten Ver-
handlungen beschloß man eine gemeinsame Zolldirektion in Frankfurt
einzusetzen; ein Mitglied ernannte der Senat, die anderen wurden ihm
durch die beiden Hessen vorgeschlagen, Preußen aber führte die Ober-
aufsicht über die Zollverwaltung. Im übrigen erhielt die Stadt durch
die Nachsicht des Königs alle Rechte der Zollvereinsmitglieder zugestanden,
nur daß sie den Handelsverträgen nicht widersprechen durfte und auf den
Zollkonferenzen in der Regel dem nassauischen Bevollmächtigten ihre
Stimme übertragen sollte.
Diese Verabredungen konnten nicht ins Leben treten, solange der
Vertrag mit England bestand. Ehrenhafter als der Herzog von Nassau
sendete der Senat einen Bevollmächtigten nach London und ließ, wie hart
das auch ankam, um die Aufhebung des Vertrages bitten. Erst nachdem
England eingewilligt, trat Frankfurt, am 2. Januar 1836, dem Zoll-
vereine bei. Noch waren einige böse Tage zu überstehen. Die ungeheuren
in der Stadt aufgestapelten Vorräte mußten einer Nachversteuerung
unterworfen werden, die einen Ertrag von 1,68 Millionen fl. abwarf.
Während mehrerer Tage war jede Warenbewegung verboten, eine wilde
Aufregung herrschte unter den Kaufleuten, die Bürgerschaft begann schon
ihren Entschluß zu verwünschen. Doch bald kehrte die Ordnung zurück;
schon die nächste Messe brachte ein reiches Ergebnis; für Frankfurt wie
*) Blittersdorffs Bericht, 4. Febr. 1835.