Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Cornelius und seine Schule. 457 
knecht Albrecht Adam schufen ihre Schlachtgemälde frisch nach dem Leben. 
Der Uhland unserer Malerei, Moritz Schwind, malte im Schlosse Hohen— 
schwangau am einsamen Alpensee Bilder aus der romantischen Sagenwelt, 
voll inniger Empfindung und schalkhafter Laune. Über Riedels römischen 
Mädchenbildern lag der brennende Glanz der südlichen Sonne, auch 
Rottmanns griechische Landschaften zeigten eine Pracht der Farben und 
des Lichtes, die den strengen Cornelianern fremd war. Selbst von Cor- 
nelius'’ vertrauten Schülern ging der begabteste, Wilhelm Kaulbach, bald 
seinen eigenen Weg. Nachdem er in dem furchtbaren Bilde des Narren- 
hauses zuerst seine Gabe scharfer Charakteristik bewährt, zeigte er sich als 
Meister der Satire in seinem schönsten Werke, dem Reineke Fuchs. Er- 
staunlich, wie treu er die Tiergestalten nachbildete und wie frei er sie zu- 
gleich als Hülle des Menschenlebens verwendete. Auch dies Werk wurde, 
wie einst der niederdeutsche Reinhart des fünfzehnten Jahrhunderts, ein 
Sturmvogel der Revolution; der demokratische Geist der alten Volksdichtung 
sprach aus Kaulbachs Bildern ungleich lauter und dreister als aus der 
menschlich heiteren, die soziale Tendenz zurückdrängenden Goethischen Be- 
arbeitung, und der ungeteilte Beifall, den diese übermütige Verhöhnung 
der Höfe, des Adels, der Kirche in den gebildeten Klassen fand, bewies 
genugsam, daß in Deutschland schon fast jeder geistreiche Mann dem Lager 
der Unzufriedenen angehörte. Unterdessen begann Kaulbach die Arbeit an 
seinen großen Geschichtsbildern, die ihn von seinem verlassenen Meister 
bald noch weiter abführen sollte. 
Keine dieser jungen, aus dem alten Stamme der Münchner Malerei 
aufsprossenden Kräfte wirkte so tief auf das Volksleben ein wie die neue 
Düsseldorfer Malerschule. Hier war jetzt Wilhelm Schadow, der Sohn 
des Bildhauers, als Direktor tätig, ein geborener Organisator, der, 
in seinen eigenen Kunstwerken selten glücklich, doch wunderbar verstand, 
Talente zu finden, zu wecken, zu leiten. Niemand widerstand ihm so leicht, 
wenn der bewegliche Mann, die Taschen immer vollgepfropft von Plänen 
und Entwürfen, mit eindringlicher Beredsamkeit seine Lehren entwickelte. 
Die monumentale Kunst fand in der bescheidenen niederrheinischen Stadt 
keinen Boden. Der König, der nach dem alten Berliner Brauche das 
Porträt bevorzugte, bestimmte auch ausdrücklich, daß an seiner Akademie 
nicht das Fresko, sondern die Olmalerei zuerst gepflegt werden solle; und 
alles, was an der Kunst lehrbar ist, wußte Schadow in der Tat seinen 
eifrigen Schülern mitzuteilen. So blieben die Düsseldorfer von Haus 
aus eine Malerschule, fast ohne Verkehr mit den anderen bildenden Künsten. 
Sie konnten ihre Kundschaft nur unter den Privatleuten suchen, und 
da die Zahl der kaufenden Kunstfreunde in dem verarmten Deutschland noch 
sehr gering war, so traten allmählich, nach dem Vorgange Münchens (1823), 
in den meisten großen Städten Kunstvereine zusammen, die alljährlich ihre 
Ausstellungen und Verlosungen veranstalteten. Manche dieser Vereine
	        
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