Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Spannung zwischen den Westmächten. 507 
unsere Regierung 1688 gegründet, derselbe Grundsatz hat 1830 die 
neue Regierung in Frankreich geschaffen, die Regierung Isabellas beruht 
auf dem nämlichen Grundsatze.“ Also verkündigte er leichtfertig das Recht 
der Revolution, er bestritt das Grundrecht der Monarchie, die Unabsetz- 
barkeit der auf eigenem Rechte ruhenden Staatsgewalt. Wenn die Libe- 
ralen, die ja fast alle wider Wissen einer halbrepublikanischen Staats- 
theorie huldigten, diesen Lehren zujauchzten, so hatten Graf Maltzan und 
die anderen Diplomaten der alten festgeordneten Monarchien des Ostens 
sicherlich guten Grund, „die unbegreifliche, verabscheuungswürdige“ Rede 
des Lords zu verwünschen.) 
Aber auch der Tuilerienhof wurde durch Englands aufreizendes Ge- 
baren zur Besinnung gebracht. Eine festländische Macht war nicht in 
der Lage sich alles zu erlauben, wie das unangreifbare Inselreich; sie 
mußte auch fühlen, daß die Machtverhältnisse der Staatengesellschaft nicht 
durch hohle Schlagworte bestimmt werden. Ludwig Philipp kannte die 
Spanier und ihren hoffärtigen Fremdenhaß; er wußte, daß die Inter- 
vention des Jahres 1823 nur durch außerordentliche Glücksfälle gelungen 
und schließlich doch zu Frankreichs Schaden ausgeschlagen war. Sollte 
er sich in diese unübersehbaren Wirren einmischen, auf die Gefahr hin, 
entweder zwischen zwei Feuer zu geraten oder mit den spanischen Exal= 
tados gemeinsame Sache zu machen, mit den Gesinnungsgenossen der 
Pariser Republikaner, der Feinde seines Hauses? Wie viel klüger doch, 
wenn er versuchte sich den Ostmächten zu nähern und also die Zukunft 
seiner Dynastie zu sichern. Die Quadrupel-Allianz hatte er nur ungern, 
unter behutsamen Vorbehalten, genehmigt, und für ihre Ausführung tat 
er lediglich, was die liberale öffentliche Meinung gebieterisch zu fordern 
schien. Gleich nach der Unterzeichnung gestand er dem österreichischen 
Gesandten Apponyi: ganz wider Willen sei er beigetreten, und niemals 
sollten französische Truppen den Boden Spaniens betreten.“) Er über- 
ließ der Regentin die algerische Fremdenlegion, die von den Basken bald 
aufgerieben wurde, und versperrte den Carlisten die Pyrenäengrenze. Weiter 
wollte er durchaus nicht gehen. Nun, da er sich endlich fest im Sattel 
fühlte, leitete er die auswärtige Politik über die Köpfe seiner Minister hin- 
weg, nach eigenem Ermessen. Die mediterranischen Interessen der beiden 
Westmächte ließen sich durch schöne Reden nicht in Einklang bringen, in 
Spanien wie im Oriente trat der natürliche Gegensatz grell hervor, die 
gerühmte entente cordiale erkaltete sichtlich. 
Auch der alte Talleyrand, der den Londoner Hof jetzt gründlich kennen 
gelernt, sagte zu Ludwig Philipp: die britische Allianz hat ihre Dienste 
getan, wir haben von England nichts mehr zu erwarten als die Revo- 
  
*) Maltzans Berichte, April 1837. 
**) Brockhausens Bericht, 20. Mai 1834.
	        
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