Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

592 IV. 8. Stiille Jahre. 
besten Jahren stand und sonst jeden technischen Fortschritt mit Feuereifer 
begünstigte, betrachtete die Eisenbahnen sehr mißtrauisch. Ihr erklärter 
Gegner aber war General Aster, der erste militärische Ingenieur des Zeit- 
alters, obwohl er doch selbst bei seinen Festungsbauten schon oft kleine Eisen- 
bahnen in Betrieb gesetzt hatte. Er meinte: „die Eisenbahnen halten wegen 
der Kostbarkeit der Anlage und einer ziemlichen Ausschließlichkeit des Ge- 
brauchs mit anderen weit wohlfeileren und in ihrer Anwendung teilbaren 
Erfindungen, wie z. B. Buchdruck und Schießpulver, den Vergleich nicht 
aus.“ Militärisch brauchbar seien sie nur dort, „wo zufällig die Wege 
für den Krieg mit denen für die Industrie angelegten Bahnen zusammen- 
passen;“ ein Eisenbahnnetz nütze militärisch nichts, weil es von der leiden- 
den Partei bald außer Betrieb gesetzt würde, auch der aktiven Partei zu 
wenig Sicherheit gewähre; und woher sollten die Mittel kommen, um die 
zerstörten Eisenbahnen nach dem Kriege wiederherzustellen?*) Savigny 
erwiderte dem General — wohl nicht ohne Zutun des Kronprinzen, 
der wieder von Kühne Ratschläge empfing: man beabsichtige lange, un- 
unterbrochene Eisenbahnlinien, etwa von Berlin zum Rheine, und diese 
würden einem im Westen kämpfenden Heere sicherlich Vorteil bringen.) 
Mit der ganzen Feierlichkeit seiner Amtsmiene trat Nagler für sein 
bedrohtes Postwesen ein und versicherte: „das gänzliche Lostrennen und 
Emanzipiereneineshöchstbeschränkten und untergeordneten Kommunikations= 
mittels — der Eisenbahnen — von einer Staats-Institution wie die Post, 
welche die wichtigsten Zweige der Kommunikation für das Ganze leitet 
und fördert, kann nur höchst nachteilig sein und muß den richtigen 
Standpunkt ganz verrücken.“““) Noch einmal, in einer großen Denkschrift 
legte er dem Könige ans Herz, „daß das Postinteresse den Eisenbahn- 
unternehmungen nicht aufgeopfert werden dürfe.“*) Nach langen Kämpfen 
begannen sich die Meinungen doch zu klären. Den Staatsbau empfahl 
unter den hohen Beamten niemand, obgleich David Hansemann noch 
während der Beratungen in einer beredten Flugschrift dringend vor den 
Gefahren der Privateisenbahnen warnte. Ein solches Wagnis erschien 
zu groß für die beschränkten Finanzen. Darum ward auch die schwere 
Frage, ob die Krone ohne Reichsstände große Anleihen aufnehmen könne, 
für jetzt noch gar nicht erwogen. Andererseits wollte der König auch nicht 
den Privatgesellschaften ein gemeinschädliches Monopol gewähren; er er- 
klärte ausdrücklich: „daß sie zu ewigen Zeiten im Genuß der ihnen ein- 
geräumten Vorrechte verbleiben, ist weder beabsichtigt noch zulässig.“) 
  
*) Aster, Bedenken über das Referat des Justizministeriums, 10. April; Asters 
Separatvotum, 30. April 1838. Frankenbergs Bericht, 14, Juni 1837. 
*4) Savigny, Erwiderung auf die Bedenken des Generals Aster, 12. April 1838. 
***) Bericht des Staatsministeriums an den König, 1. Juli 1837. 
) Nagler, Denkschriftüber die Verhältnisseder Post zu den Eisenbahnen, April 1838. 
+#) Kabinettsordre an Müffling, 12. Sept. 1838.
	        
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