Die Bayern in Griechenland. 637
sich jeden Empfang verbeten und den Bayern anbefohlen, die Kosten der
Ehrenpforten und Kränze den griechischen Kämpfern zu widmen. Nun
sah er das Land seiner Sehnsucht befreit und zugleich den Stolz seines
Hauses befriedigt. Er träumte schon von einer wittelsbachischen Groß-
macht, die sich, allerdings nicht ohne Unterbrechung, vom Fichtelgebirge
bis zum Kap Matapan erstrecken sollte, und willigte nur ungern darein,
daß sein Sohn auf die bayrische Thronfolge verzichten mußte.*) Da ein
Geschichtstaler für einen solchen Erfolg offenbar nicht ausreichte, so wur-
den ihrer drei geprägt. Auch im bayrischen Lande herrschte anfangs starke
Begeisterung, als die drei Abgesandten der Hellenen in ihrer malerischen
Nationaltracht auf dem Münchner Oktoberfeste erschienen. Mancher brave
Brauer schmückte sein Wirtshaus mit der Inschrift „zur Stadt Nauplia“.
Die nach Hellas ausziehenden Grenadiere sangen ein stolzes Lied: „Ich
bin ein Bayer, stamm' von tapfern Ahnen,“ das mit den Worten schloß:
„wir sind ja Bayern, laßt uns Bayern sein;“ und da das Preußenlied
im Süden noch fast unbekannt war, so hielt man dies Gedicht für ein
echtes bajuvarisches Naturgewächs.
Die anderen Deutschen lachten freilich nur über die wunderliche dyna-
stische Schrulle des Bayernkönigs. Solange die Hellenen noch für ihre
Freiheit fochten, wirkten ihre Geschicke auch auf Deutschland zurück, weil
der Agon den ersten Stoß führte gegen das System der starren Legitimität,
und weil die deutschen Philhellenen aus diesen Kämpfen eine kräftige Be-
geisterung für das Recht der nationalen Selbstbestimmung heimbrachten.
Seit Griechenland dem wittelsbachischen Hause verfiel, war es für uns
lediglich ein entlegenes, kleines Land, nur noch darum bedeutsam, weil die
hellenische Staatskunst der Krone Bayern die Briten, Russen und Fran-
zosen bestärken mußte in der hergebrachten Meinung, daß die Deutschen
für die Politik verloren seien. In der Tat stand das Verhalten des
philhellenischen Königs wenig im Einklang mit dem Namen „des Landes
der Weisen“, welchen die lernbegierigen Griechen dem gelehrten Deutsch-
land beizulegen liebten.
Prinz Otto war noch unmündig, ein gutmütiger, sittsamer junger
Mann, aber wenig begabt, unentschlossen, mißtrauisch, schüchtern; niemals
erhob sich sein linkisches Wesen zu jenem sicheren Selbstgefühle, das die
Orientalen vor allem von ihren Herrschern verlangen. Bis zu seiner
Volljährigkeit mußte ihm eine Regentschaft beigegeben werden, und König
Ludwig meinte sehr klug zu handeln, wenn er mit dieser wichtigen Auf-
gabe Männer betraute, welche ganz außerhalb der griechischen Parteikämpfe
stünden, also treue Bayern. Er ernannte zu Regenten seinen erst kürz-
lich in Ungnaden entlassenen Minister Grafen Armansperg, den gelehrten
Professor Maurer und den alten Philhellenen General Heideck; von allen
*) Dönhoffs Bericht, 19. Mai 1832.