690 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit.
Mann berufen werden, von dem sich am sichersten voraussehen ließ, daß
er jede berechtigte oder unberechtigte Anforderung des Staates hartnäckig ab-
weisen würde. Altenstein aber eignete sich Schmeddings Vorschläge wörtlich
an; nur den „Engel des Friedens“ und einige ähnliche Lobpreisungen,
die doch allzu abenteuerlich klangen, strich er behutsam aus. Geh. Rat
Nicolovius erhob dann noch einige bescheidene Einwendungen wegen der
mönchischen Lebensweise „des edlen, ernsten Mannes, die bei dem Nach-
folger eines Grafen Spiegel nicht wenig auffallend sein würde“; er ließ sich
jedoch schnell beschwichtigen. Als Vincke, der Droste von seinen früheren
Kämpfen her kannte, schwere Besorgnisse äußerte, da erwiderte Altenstein,
er habe keinen anderen Kandidaten gefunden, und schloß gemütlich: „der
Himmel hat es bisher gut gestaltet, und ich hoffe, es soll auch fernerhin
gut gehen.“ 7)
Sicherlich hätte weder der Minister noch sein vortragender Rat ohne
höheren Schutz einen so ungeheuerlichen Vorschlag gewagt. Der König
alterte, und die künftige Regierung warf schon ihre Schatten in die Gegenwart
hinein. Der Kronprinz und Prinz Wilhelm der Altere mit seiner frommen
Gemahlin Marianne hatten neuerdings Münster besucht und sich in Drostes
Clemens-Hospitale recht von Herzen erbaut, seine Kasteiungen bewundert,
seine „Anleitung zum inneren Gebete“, dieer für diebarmherzigen Schwestern
geschrieben, wohlgefällig entgegengenommen; wie so viele Protestanten des
Nordostens glaubten sie arglos, dies römische Büßerwesen sei der evan-
gelischen Rechtgläubigkeit verwandt. Nur einem so musterhaft frommen
Priester wollte der Kronprinz den Kölnischen Stuhl anvertrauen; auch hielt
er es für eine Ehrenpflicht des preußischen Thrones, die alten Donherren=
geschlechter, die einst das stiftische Deutschland beherrscht hatten, dadurch
zu entschädigen, daß ihre Söhne die großen Prälaturen des Westens er-
hielten. *) Damit war für Altenstein, der in kirchlichen Fragen dem Thron-
folger stets nachgab, alles entschieden.
Um ganz sicher zu gehen, ließ der Minister durch einen Münsterschen
Dom-Kapitular anfragen, ob Droste die mit Spiegel getroffene Überein-
kunft einhalten wolle. Die Antwort bewies, daß der beschauliche Sohn der
roten Erde trotz seiner weltverachtenden Heiligkeit durchaus nicht abge-
neigt war, den Hirtenstab des Erzbischofs zu ergreifen. Drost beteuerte
(5. Sept.), er wünsche mit allen im Frieden zu leben, die letzten Jahre
seines Lebens noch recht zum Wohltun zu verwenden; gelange er je zum
bischöflischen Amte, so werde er sich wohl hüten, jene gemäß dem Breve ge-
troffene Vereinbarung anzugreifen, sondern sie im Geiste der Liebe, der
Friedfertigkeit anwenden. Nunmehr war Altenstein beruhigt. Er versicherte
*) Nicolovius' Votum, 11. Aug. Altensteins Antwort, 14. Aug. Altenstein an
Vincke, 30. Nov. 1835.
**) Dies erzählt u. a. der über katholische Dinge immer wohl unterrichtete Minister
du Thil.