694 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit.
oder falsch könne von einer Staatsentscheidung nicht abhängen“. Auf
keinen Fall wollte er sich „einen Eingriff der Staatsgewalt in das Heilig-
tum des Glaubens oder eine Störung der ordnungsmäßigen Bewegung
der vorgesetzten geistlichen Autorität“ erlauben.“) Sein getreuer Schmed-
ding betrachtete den Handel sogar mit schlecht verhehlter Schadenfreude und
riet einem hermesianischen Theologen halb spöttisch, „die Entwicklung dieser
Tragikomödie mit Gelassenheit abzuwarten.““) Daher ließ Altenstein, ob-
gleich das Breve in Preußen noch gar nicht veröffentlich war, die betei-
ligten Bonner Professoren bei dem Kurator Rehfues zusammenrufen und
ihnen das Versprechen abnehmen, daß sie über Hermes und seine Lehre
in ihren Vorlesungen unverbrüchlich schweigen würden.
Weiter konnte der Staat in seiner Nachgiebigkeit unmöglich gehen.
Der Erzbischof war befugt, das gesamte innere Leben des Bonner Kon-
vikts, das amtlich als ein Bestandteil des Kölnischen Priesterseminars ange-
sehen wurde, zu leiten, und wenn er dies Recht ebenso kräftig handhabte
wie sein Vorgänger, so ließ sich die hermesianische Doktrin aus dem theolo-
gischen Unterricht kurzerhand hinausfegen. Droste aber wollte nicht bloß
die Lehren, sondern auch die Personen der verhaßten Hermesianer beseitigen.
„Welchen Weg ich einschlage“, so schrieb er an Rehfues, „darüber bin ich
mit mir noch nicht eins. Das aber steht fest, daß ich das Einschleichen der
die Staaten so sehr beunruhigenden Demagogie in die Kirche nicht dulde
und von allen katholischen Priestern meiner Diözese, welche Stellung immer
sie einnehmen mögen, in kirchlichen Dingen Gehorsam fordere, weil ich
solchen fordern muß und sie solchen leisten müssen.“ Als ihn Altenstein
wegen eines belgischen Zeitungsartikels, der nur aus der Kölnischen Kanzlei
herrühren konnte, zur Rede stellte, da erwiderte er grob: „Kaplan Michelis
hat Feinde, doch gewiß keine anderen als jene Hermesianer, deren Dünkel
nicht mit seiner Bescheidenheit harmoniert.“ Es war, als ob er Händel
suchte, und der sanftmütige Minister bemerkte zu dem Schreiben: „dieser
Ton kann sehr weit führen, und es ist daher die Frage, was zu tun.“)
Offenbar beabsichtigte der Erzbischof, das Bonner Konvikt, das die
Theologen doch in einigen Verkehr mit der weltlichen Wissenschaft brachte,
ganz zu zerstören. Früher, schrieb er dem Minister, wurde die Theologie
hier im Kölnischen Seminar gelehrt; „da lernten die Alumnen gewiß nicht
so viel Vernunftbeweise, aber sie lernten Dogmatik, Moral usw., lernten
Theologie, lernten, was sie gebrauchen können, und ich danke Gott, daß ich
noch Geistliche aus dieser Zeit in der Erzdiözese habe./F) Er wollte weder
die Bonner Theologen persönlich vernehmen, wie Rehfues ihm vorschlug,
*) Altenstein an Rehfues, 29. Juni, 27. Okt. 1836, 8. Febr. 1837.
**) Schmedding, 8. März 1836, an einen hermesianischen Geistlichen, dessen Namen
ich nicht kenne.
*??*) Droste an Rehfues, 6. April 1837; an Altenstein, 16. Dez. 1836.
7) Droste an Altenstein, 22. Dez. 1836.