Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Droste und das Bonner Konvikt. 695 
noch einen Kommissär in ihre Kollegien schicken, denn sie würden sich nur 
verstellen; auch das streng römische Liebermannsche Kompendium nützenichts 
als Leitfaden für die Vorlesungen, da die Professoren doch nach Belieben 
darüber redeten. Während er also sein unbestrittenes Aufsichtsrecht aus- 
zuüben geflissentlich verschmähte, griff er, wie um die Staatsgewalt zu ver- 
höhnen, zu gesetzwidrigen Mitteln. Zunächst verbot er ein Heft der von 
den Bonner Hermesianern herausgegebenen Theologischen Zeitschrift, ob- 
gleich er wissen mußte, daß den Bischöfen nur die Zensur über Erbauungs- 
schriften zustand. Sodann befahl er durch den Domdechanten den Bonner 
Geistlichen, ihren Beichtkindern das Lesen hermesianischer Schriften und den 
Besuch hermesianischer Vorlesungen zu verbieten. Die päpstliche Verfügung 
gilt, so schrieb er, und niemand darf sich damit entschuldigen, daß sie noch 
nicht veröffentlicht ist, weil,„wofern jene Entschuldigung wirklich entschuldigend 
wäre, die weltliche Macht es durchaus in ihrer Gewalt hätte, die Wirk- 
samkeit des vom Heiland angeordneten centri unitatis völlig zu hemmen, 
was freilich den Hermesianern, wie allen Sektierern, die sich nur vermittelst 
der weltlichen Gewalt, welche niemals in Beziehung auf Gegenstände vor- 
liegender Art Richter sein kann, mithin, sobald sie teilnimmt, Partei ist, 
halten können, nicht unlieb sein dürfte.“ Der Stil seiner Briefe entsprach 
immer genau dem rohen, zänkischen Inhalt und der Plumpheit der Schrift- 
züge. Die natürliche Folge jener Verfügung war, daß im Konvikt alle 
Bande der Zucht zerrissen; die Studenten spalteten sich in Parteien und 
denunzierten ihre Lehrer bei dem Erzbischof, der solche Anzeigen unbedenklich 
annahm. Als ihm im Sommer 1837 der Lektionskatalog für das nächste 
Semester vorgelegt wurde, strich er ohne weitere Nachfrage sämtliche 
theologische Vorlesungen aus; nur der klerikale Professor Klee durfte Kolleg 
halten. Damit war die zum Besten der rheinischen Kirche errichtete könig- 
liche Stiftung zerstört; die Mehrzahl der Studenten verließ das Konvikt 
und suchte im Kölner Seminar unterzukommen. Endlich ließ Droste seinen 
jungen Klerikern noch achtzehn Thesen zur Unterschrift vorlegen. Die letzte 
der Thesen stellte rundweg jedes Aufsichtsrecht des Staates in Abrede, sie 
enthielt das Versprechen, daß man von dem Erzbischofe nur an den Papst 
appellieren wolle, und widersprach so unzweifelhaft den preußischen Gesetzen, 
daß selbst der klerikale Jurist Walter, amtlich befragt, sie für bedenklich 
erklärte. — 
Dennoch wollte die langmütige Regierung den widersetzlichen Prä- 
laten schonen; erst der wieder ausbrechende ernstere Streit um die ge- 
mischten Ehen zwang sie zum Bruche. Kurz bevor Droste sein Amt an- 
trat, veröffentlichte ein klerikales belgisches Blatt den Hauptinhalt jener 
von den Bischöfen an die Generalvikariate erlassenen geheimen Instruktion; 
die Angaben waren im wesentlichen richtig, nur glaubte der anonyme Ein- 
sender, das Aktenstück sei eine Weisung Spiegels an seine Suffraganen. 
Welch eine Genugtuung für den römischen Stuhl. Da er selbst bei allen
	        
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