Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Bunsens Ableugnungen. Die gemischten Ehen. 697 
katholischer Kindererziehung einzusegnen, und dem Papste gab er schon im 
September 1836 die Zusage, daß er dem Breve unverbrüchlich nachkommen 
werde. Als die Regierung ihm vorhielt, er habe doch feierlich gelobt, die 
Instruktion im Geiste der Liebe zu befolgen, da erteilte er die uner— 
wartete Antwort, diese Instruktion hätte er gar nicht gekannt. Diese in 
jedem anderen Munde lächerliche Versicherung wurde von der Regierung 
selbst nicht in Zweifel gezogen; bei dem blinden Fanatiker war vieles 
möglich, was klügere Männer nie gewagt hätten. Droste lebte ganz in 
kirchlichen Vorstellungen und verachtete von Grund aus die Staatsgewalt 
des protestantischen Königs; also blieb immerhin denkbar, daß er es wirk— 
lich nicht der Mühe wert gehalten hatte, die Instruktion, deren Befolgung 
er heilig angelobte, auch nur eines Blickes zu würdigen. Nach den ge— 
wöhnlichen Ansichten menschlicher Rechtschaffenheit war er freilich ver— 
pflichtet, seine Würde niederzulegen, wenn er die Bedingungen nicht zu 
halten vermochte, unter denen sie ihm anvertraut war. Aber wie konn— 
ten solche weltliche Ehrbegriffe den Hochmut des Prälaten beirren? Wie 
er die Dinge ansah, verdankte er sein Amt allein der Gnade Gottes und 
des heiligen Stuhles; daß die weltliche Gewalt dabei auch nur mitgeredet 
hatte, erschien ihm schon als frevelhafte Usurpation. Dem Minister Rochow 
erwiderte er trocken: die Kirche sei dem Staate gleichgeordnet, jedes Auf— 
sichtsrecht der Staatsgewalt unnütz und unbefugt; über Bildung, Anstel— 
lung, Absetzung der Geistlichen wie der theologischen Professoren habe der 
Bischof allein zu entscheiden; das Konvikt müsse nach Köln verlegt und 
dort auch ein erzbischöfliches Knabenseminar errichtet werden. Das alles 
im Namen der katholischen Kirchenfreiheit. 
So warf er kurzerhand alle Kirchengesetze der Monarchie über den 
Haufen, und schon im Frühjahr 1837 ließ der preußische Hof der Kurie 
mitteilen, daß er sich vielleicht gezwungen sehen würde, den Unbelehr— 
baren, der freilich nur durch die Torheit der Regierung sein Amt erlangt 
hatte, wieder zu entfernen. Der Sommer verlief über vergeblichen Vermitt— 
lungsversuchen. Umsonst ging Kardinal Capaccini nach Köln, ein Kirchen— 
fürst von milder Gesinnung, der allerdings kein zuverlässiger Bundes— 
genosse der evangelischen Krone sein konnte. Nachher, im September, suchten 
auch der aus Rom herbeigerufene Bunsen und Graf Anton Stolberg „dem 
versteinerten Prälaten“ ins Gewissen zu reden und ihm zu zeigen, daß er 
entweder sein Amt aufgeben oder die Staatsgesetze, die er förmlich aner— 
kannt habe, befolgen müsse.“) Alles vergeblich. Am 31. Oktober schrieb 
Droste dem Minister: an die Instruktion halte er sich nicht gebunden, so— 
fern sie dem Breve widerspreche. Eine solche Widersetzlichkeit durfte der 
Staat nicht dulden. Eine Revolution wünschten die Rheinländer freilich 
nicht, sie wußten trotz aller Schmähungen nur zu wohl, wie viel sie dem 
  
7) Berichte an den König, von Bunsen, 15., 23. Sept., von Stolberg, 20.Sept. 1837.
	        
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