Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

722 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit. 
der König kein Wort der Rüge, er, der die Demagogen vor seinem Bilde 
knieen ließ. Unterdes wurde die Schimpferei des Zanderschen Blattes so 
unflätig, daß der preußische Gesandte sich ernstlich beschweren mußte.“) 
Als alle Vorstellungen vergeblich blieben, beschloß der preußische Hof, beim 
Bundestage das Verbot der Neuen Würzburger Zeitung zu beantragen, 
und er gewann auch in vertraulichen Vorbesprechungen die Zustimmung 
sämtlicher Bundesregierungen zu diesem, nach Lage der Gesetzgebung 
durchaus berechtigten Antrage. Nun erst lenkte Bayern ein. Im Juni 1838 
erklärte der Gesandte Graf Luxburg, ein verständiger Diplomat, der zu 
Berlin in verdientem Ansehen stand und sich jetzt seines eigenen Hofes 
im stillen schämte: König Ludwig verdamme „das undeutsche und nichts- 
würdige Treiben“ des Redakteurs Ernst Zander und habe „den freiwilligen 
Entschluß“ gefaßt, ihn von dem Blatte zu entfernen.*) Die Zeitung selbst 
wurde nicht verboten. 
Werther beruhigte sich bei dieser halb spöttischen Genugtuung. Er 
wußte nicht, was auch der Gesandte Graf Dönhoff erst nach Monaten 
erfuhr, **) daß Minister Abel gleichzeitig ein vertrauliches Entschuldigungs- 
schreiben an die bayrischen Bischöfe richtete. Da hieß es: die Neue Würz- 
burger Zeitung habe durch ihre Haltung in dem Kölner Streite sich den 
allgemeinen Beifall aller Gutgesinnten erworben, der katholischen Kirche 
wesentliche und dankenswerte Dienste geleistet; nur durch Zanders Schmäh- 
artikel sei die Regierung zum Einschreiten gezwungen worden. Gleichwohl 
werde der König unerschütterlich bei seinen kirchlichen Grundsätzen ver- 
harren. „Allerhöchstdessen Name wird in der Geschichte fort und fort 
neben jenem seines großen Vorvordern Max I. erglänzen, und es werden 
späte Enkel noch segnend ihre Dankgebete zu dem Ewigen dafür empor- 
senden, daß er seiner heiligen Kirche in den Zeiten hoher Bedrängnis zum 
zweiten Male einen Schirmherrn aus dem Wittelsbacher Stamme gegeben, 
der für ihr gutes Recht mit unerschüttertem Mute eingestanden ist und 
die Verteidiger derselben um sich geschart, ermutiget, gekräftiget und sieg- 
reich zum Ziele geführt hat.“ So war jetzt wirklich die Gesinnung König 
Ludwigs. Umsonst hielten der verständige Thronfolger und die Königin- 
Witwe dem verblendeten Fürsten vor, was es auf sich habe, die blutigen 
Schatten der finstersten Zeit deutscher Geschichte heraufzubeschwören. ) Die 
preußischen Staatsmänner aber waren peinlich überrascht, als ihr Kron- 
prinz Friedrich Wilhelm, sobald der Streit wegen der Würzburger Zeitung 
notdürftig beigelegt war, den bayrischen Hof in Kreuth besuchte — eine 
  
*) Dönhoffs Berichte, 2., 4. Dez. 1837, 12. März 1838. 
*7*) Luxburg an Werther, 18. Juni; Werther an Luxburg, 17. Juni, an Otterstedt, 
18. Juni 1838. 
* W#) Dönhoffs Bericht, 5. März 1839. 
)Dönhoffs Berichte, 13. April 1838 ff.
	        
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