732 XVII. Canning und Deutschland.
constances avec les doutes, les suppositions et la politique du parti révolution-
naire en Allemagne, et on se demande duelle peut être la tendance d’une opi-
nion aussi peu fondée et aussi divergeante de celle due professent les autres
cours d’Allemagne.
Demnach wird Rechberg angewiesen, das Verhalten Württembergs in Berlin scharf
zu beobachten. —
XVII. Canning und Deutschland.
Zu Bd. III. 264. IV. 27.
Das wunderliche Bild des weitherzigen, immer neue Welten zur Freiheit aufrufenden
Kosmopoliten Canning würde aus der deutschen Geschichtschreibung längst verschwunden
sein, wenn man bei uns die Satiren kennte, welche Canning in den Jahren 1797 und 98
für William Giffords Zeitschrift The Anti-Jacobin schrieb. Der Anti-Jacobim ist in
Deutschland schwer aufzutreiben, ich habe erst nach langem Suchen ein Exemplar in der
Bibliothek des Königs Georg von Hannover aufgefunden. Die satirischen Gedichte aber, die
er enthält, werden unter dem Titel The poetry of the Anti-Jacobim in England noch
immer viel gelesen und neu gedruckt; sie bildeten vor Jahren eine der Quellen, aus denen
der general reader seine Ansicht vom deutschen Leben schöpfte. Die Satire Cannings
The Rovers or the double arrangement nennt Niebuhr in den Vorlesungen über die
Geschichte des Revolutionszeitalters „das infamste Pasquill, das je auf Deutschland ge-
schrieben ist, fast ebenso niederträchtig als Bahrdt mit der eisernen Stirn“: Liederlichkeit,
Blutschande, Atheismus würden hier als Charakter des deutschen Wesens dargestellt,
überhaupt verhöhne der Anti-Jacobin „das Würdigste des Auslandes auf das schänd-
lichste“. Niebuhr urteilte offenbar nach Jugenderinnerungen; er entsann sich noch, wie
tief es ihn einst gekränkt hatte, die ersten Werke unserer werdenden klassischen Dichtung
durch das Toryblatt beschimpft zu sehen. Heute sind wir weniger reizbar, aber auch
wir erstaunen noch über die insularische Beschränktheit, den verständnislosen Hochmut
des Anti-Jacobin. Canning konnte kein Wort deutsch, wie die lächerlichen deutschen Zitate
beweisen. Er hat allem Anscheine nach selbst die Namen von Schiller und Goethe nicht
gekannt, sondern nur aus Zeitungsartikeln und schlechten Ubersetzungen erfahren, daß
in Deutschland einige radikale Dichter ihr Wesen trieben; er ahnte dunkel die Verwandt-
schaft zwischen den Ideen der Revolution und der Schwärmerei unserer literarischen
Stürmer und Dränger. Da er unter den Torys Wunderdinge über das gottlose Göttinger
Burschenleben gehört hatte, so glaubte er im Ernst, daß die ganze Studentenschaft einer
deutschen Hochschule, begeistert durch „die Räuber" zur Wegelagerung auf die Landstraßen
hinausgezogen sei. Goethes Stella, die bekanntlich in ihrer ursprünglichen Fassung mit
einer Bigamie endigte, Schillers Räuber, Kabale und Liebe und andere dem Briten nur
dem Namen nach bekannte deutsche Werke boten ihm nun den Anlaß, in der Parodie
The Rovers die deutsche Nation als eine Lumpengesellschaft zu schildern, die jedem er-
laube „alles zu tun, was, wo, wann und wie er wolle". Nur die deutschen Flüche!
ließ er zartfühlend hinweg, „weil englische Ohren daran noch nicht genugsam gewöhnt
seien". Das Stück ist nicht ohne Witz, an einzelnen Stellen sogar treffend, aber nur
eine Burleske des gemeinen Schlages, im Stile unserer heutigen Witzblätter. Frisches
Leben zeigt sich fast allein in den eingewobenen Schlemperliedern, so in dem bekannten,
von der englischen Jugend einst viel gesungenen:
Alas! Mathilda then was true.
At least I thought so at the U-
Niversity of Gottingen.