100 III. Württemberg als Herzogthum.
Christoph benutzte alle möglichen Gelegenheiten, so den Frankfurter Reichstag,
das Naumburger und Maulbronner (1564) Religionsgespräch, um
zwischen den Lutheranern und Reformirten, andererselts zwischen den einander
feindlich gegenüberstehenden lutherischen Parteien Frleden und Eintracht zu stiften.
In all'dlesem fand er durch „seinen lieben und treuen Brentius“ Unterstützung. Auch
der verfolgten Glaubensgenossen nahm er sich hilfreich an. Ueberall, weit
über Deutschland hinaus beschützte er die Protestanten. So fanden der Freiherr
Hans Ungnad von Sonnegg und Primus Truber in Württemberg
eine Zufluchtsstätte. Jener war wegen seines Glaubens aus Oesterreich vertrieben
worden und errichtete nun in Urach eine Druckerel, in der außer dem Neuen Te-
stament viele reformatorische Schriften in den flavischen Sprachen gedruckt und
nach Illyrien, Kroatien, Dalmatien, Bosnien, Serbien, Bulgarien, ja bis nach
Konstantinopel versandt wurden. Wo die Reformatton eingeführt, wo eine kirch-
liche Streitfrage entschieden werden sollte, da wurde Christoph um Rath und
Unterstützung gebeten, so von Preußen, Sachsen u. s. w. Die Reformation Ba-
dens ist vorzüglich Christoph zu verdanken. Für alle seine große Verdienste ward
ihm auch ehrende Anerkennung zu Theil. Ihm, dem großmüthigen Be-
schützer der Kirche, bezeugten alle evangelischen Fürsten, namentlich die Kö-
nigin Elisabeth von England, ihre Achtung. Viele ausgezeichnete Werke sind
ihm gewldmet worden. — Große Sorgen und Schmerzen bereiteten dem Herzog
die Schicksale der Protestanten in Frankreich. Die Gulsen hatten
ein Gespräch mit Christoph und Brenz angenommen und hatten diesen dabei
die Schonung des Reformirten versprochen. Aber sogleich folgten Greuel auf
Greuel, und mit blutendem Herzen sah Christoph seine Glaubensgenossen leiden.
Aendern konnte er nichts an deren hartem Los 1).
Christoph hatte 2 Söhne und 7 Töchter, welch letztere ihm viele Freude
bereiteten. Um so mehr Sorgen machten ihm seine Söhne. Eberhard, der ältere,
den der Vater so zärtlich liebte, sank frühe ins Grab — ein Opfer der Trunk-
sucht. Auch sein zweiter Sohn, Ludwig, erweckte nicht große Hoffnungen. Um
das Aussterben seiner Familie und den Rückfall Württembergs an Oesterreich zu
verhüten, bewog er noch seinen 57jährigen Ohelm Georg im Jahre 1555 zu
hetrathen. Dessen Sohn Friledrich folgte Christophs Sohn Ludwig in der Re-
gierung und gründete die zweite Mömpelgarder Linie.
Im Jahr 1566 besuchte Christoph noch den Reichstag in Augsburg, den
ersten, den sein trauter Freund, Kaiser Maximillan II. (1564—1570) hielt.
Dann gog er sich ganz von dem Schauplatz des politischen Lebens zurück und sehnte
sich mit Freuden nach seinem Heimgang. Er sagte: „Wenn ich 100 Jahre Lebens
mit einem Heller erkaufen könnte, so würde ich es nicht thun.“ Schon seit meh-
reren Jahren hatte er gekränkelt. Der Besuch des Wildbads war werthlos. „Ein
kühl Erdreich wird meln Doktor sein“, sagte er, „ich verachte die Mittel nicht;
jedoch ist es nur Flickwerk, und hilft es etwas, so ist es mir dazu gut, daß ich
noch etwas verrichten möge. Wenn aber das von Gott bestimmte und erwartete
1) Er schrieb tiefbetrübt darüber: „Gott sei Richter über Betrug und Meineid,
dem ichs befehle und ergib, denn es handelt sich um seine Sache."“ Gulch hieß es
bei ihm: „Adien France, mit all deiner Untreue, Leichtfertigkeit, Ueppigkeit und Un-
glauben“; den Aufruhr der Unterdrückten konnte er aber nie billigen, sondern hieß sie
„confiteri et pati“ — „bekennen und lelden.“