1629.
120 III. Württemberg als Herzogthum.
Entschiedenheit suchte er dem eingekehrten Elend zu steuern, alles Unnöthige und
Ueberflüssige abzuthun. So wurde der Hofstaat beschränkt; viele überflüssige
Beamte wurden entlassen. Viele der Beamten hatten sich bestechen lassen, weß-
halb die Landstände in Jahr 1628 eine Ermahnung gegen die „verfluchten aller
Orten im Hörzogthumb gehende Schmiralien“ erließen. Ueberall griff der er-
fahrene und tüchtige Regent mit Nachdruck und Erfolg in die Regierungsange-
legenheiten ein und beschted die Landschaft zu einer Sitzung, um mit ihr über
die Maßregeln zu berathen, die bei der dem Lande, den Fürsten und der Religion
drohenden Gefahr ergriffen werden sollten.
Aber wie ein gewaltiger Blitzschlag zerstörte ein Machtspruch des Kaisers das
angefangene Werk des Regenten. Der Kaiser hatte sich ganz Deutschland unter-
worfen und erließ nun, von seinem Beichtvater, dem Jesulten Pater Lämmer-
mann, bestürmt, das Restituttonsedikt (1629). Nach diesem soll-
ten alle Bisthümer, Kirchen, Klöster, welche seit dem Jahr
1555 reformirt worden waren, alle seither eingezogenen Kir-
chengüter, dem Katholicismus zurückgegeben werden. Hinter
dem Edikt aber standen die kaiserlichen und ligistischen Heere, um seine rasche
Durchführung zu erzwingen. Damit brach für Württemberg die schlimmste Zeit
an. Nicht ein einziges Land im ganzen deutschen Reiche hatte von da an so viel
zu leiden als unser Vaterland. Oesterreich verfolgte sein Ziel, Würt-
temberg österreichisch und katholisch zu machen, auf das entschie-
denste. Die meisten Klöster Württembergs waren schon vor dem Jahre 1555
reformirt worden, und doch wurden die Mönche mit Gewalt zurückgeführt.
Wohl wurde eine Gesandtschaft an den Katser abgeschickt; unter Beziehung auf
den „elenden, hochleidigen Zustand und das unaufhörliche Wehklagen, die heißen
Thränen und durch Himmel und Wolken dringende Seufzer“ möge er doch Ab-
hilfe thun und nicht mit den „hochgefährlichen Exekutionsprozessen“ fortfahren.
Aber was half es? Die Jesutten schalteten nach Belieben; die Kloster= und
Kirchengüter waren in ihren Händen und der Herzog hatte das Zusehen. Ueberall
war jenes Treiben durch Wallenstein'sche Heere unterstützt. Selbst die Universität
Freiburg und die katholischen Kurfürsten erklärten das kaiserliche Vorgehen für
eine Ungerechtigkeit. Im folgenden Jahr waren schon alle Klöster besetzt und
dem Kaiser wurde daselbst gehuldigt. Die Unterthanen wurden allerwärts durch
kaiserliche Befehle ihres Gehorsams gegen das Haus Württemberg entbunden;
„sie haben nunmehr keinen Herrn als Gott im Himmel und den Katiser“, erklärte
man im Kloster Lorch. — Was hatte nun Württemberg durch den Prager Ver-
trag gewonnen? Eine große Geldsumme war für eine Frelheit der Dynastie aus-
gegeben worden, die aber nur auf dem Papier, in Wirklichkeit nie bestand. Und
jetzt, da es Oesterreichs Sache gewesen wäre, die politlschen und religiösen Inter-
essen Württembergs kraft jenes Vertrags zu achten und zu wahren, wurde das
Land auf die schändlichste Weise mißhandelt. Der Herzog konnte den Anblick
dieser Leiden nicht mehr ertragen. Das Elend des Landes hatte sein Herz ge-
brochen. Er zog nach Mömpelgard, wo er bald nach seiner Ankunft starb
(26. Januar 1631).
An seine Stelle trat nun sein Bruder Julius Friedrich (1631 — 1633),
der, allerdings nicht in ehrlicher Absicht, sein Heil in den Waffen suchen wollte.
Die Gelegenheit war günstig; denn des Kaisers tüchtigster Feldherr, Wallen-