124 III. Württemberg als Herzogthum.
Besatzung. In Ulm starben 13400, in Eßlingen 8000, in Heilbronn 5518.
Von mehr als 400000 Elnwohnern waren in Württemberg noch 58000 übrig;
von 1634—1641 hatten Schwert, Hunger und Seuchen mehr als 350000
Menschen (7/8 der ganzen Bevölkerung) hinweggerafft.
Am schlimmsten gieng es dem Geistlichen= und Lehrerstande. Denn
dem Lande sollte mit der österreichischen Herrschaft auch wieder
das katholische Bekenntniß aufgezwungen werden. Zwar hatte
Ferdinand den Fortbestand des evangelischen Bekenntnisses in Württemberg be-
willigt; auch waren von Wien aus keine gewaltsamen Maßregeln zur Aenderung
der Konfession ergriffen worden. Aber die Benediktiner hatten die Klöster besetzt
und die Jesuiten suchten sich die Stifter zu verschaffen. Ihnen zur Seite standen
spanische und italische Truppen, welche die evangelischen Geistlichen und alle, die
ihren Gottesdienst besuchten, vertrieben und beraubten. Jünglinge, fast aus der
Schule weg, welche kaum die Unlversität gesehen hatten, wurden zu Pfarrern
bestellt; oft mußte einer zugleich drei Pfarreien versehen 1). Blele Geistliche
bettelten, um ihren Hunger stillen zu können. Die Jesuiten aber fanden auf den
Kanzeln und in den Lehrsälen immer mehr Einfluß und glaubten sicher, daß die
katholische Religion in kurzer Zeit wieder eingeführt sein werde.
Unterdessen waren die Aussichten des Herzogs betreffs der Wiedergewin-
nung seines Landes immer trüber geworden. Der Kaiser betrachtete Württem-
berg vollständig als sein Elgenthum. Eberhard suchte in den Prager Frieden,
den der Kurfürst von Sachsen und die meisten Stände mit dem Kalser schloßen,
mit aufgenommen zu werden; aber vergebens (1635). Das ganze Land war,
Hohentwiel ausgenommen, kaiserlich. Die fürstlichen Schlösser wurden ge-
plündert und rulnirt; aus dem Archive zu Stuttgart wurden viele kostbare Ur-
kunden, von der Universität Tübingen viele Bücher nach Wien und München ge-
schickt, die bis heute ihren Weg noch nicht zurückgefunden haben. Der Kaiser schenkte
Heidenheim dem Kurfürsten Maxlmilian von Bayern, der Erzherzogin Claudia
die Achalm, Hohenstaufen, Urach, Göppingen und Pfullingen, dem Grafen Traut-
mannsdorf Weinsberg und Neuenstadt, dem Grafen Schlick Balingen, Tuttlingen,
Ebingen und Rosenfeld, dem General Gallas Leonberg und Böblingen, dem
Bischof von Wien Möckmühl, dem Grafen von Sulz, kaiserlichem Statthalter
in Stuttgart, Stadt und Amt Sulz. — Eberhard versuchte auf alle Weise,
hauptsächlich durch Gesandte bei den protestantischen Fürsten und am Wiener
Hofe, den Kaiser zur Zurückgabe Württembergs zu bewegen. Auf dem
Fürstentage in Regensburg (9. Dez. 1636) wurde ihm der Bescheid,
daß die Ordensleute im Besitze der Klöster, die Beschenkten im Besitze der ihnen
zugetheilten Aemter und Herrschaften bleiben und Oesterreich Hohentwiel, Hohen-
staufen, Achalm, Göppingen, Heidenheim und Oberkirch behalte. „Unter diesen Be-
dingungen wolle kalserliche Majestät den Herzog nach vorausgegangener Unterwer-
fung und Abbitte wieder zu Land und Leute kommen lassen, mit der Zuversicht, er
1) J. V. Andreä von Calw schreibt: „Wie das Aussehen unseres Landes sei,
läßt sich gar nicht beschreiben. Menschen und Thiere sind todt; öde liegen die Felder;
Städte und Dörfer sind verlassen, so daß man glaubt, nur noch die Hälfte des alten
Württembergs sei da. Wie ich vernahm, sind 312 Kirchendiener innerhalb weniger
* gestorben; über 100 Kirchen find in den letzten Weihnachten ohne Gottesdienst
gewesen.“