S. 42. Herzog Eberhards III. letzte Regierungszeit. Herzog Wilhelm Ludwig. 137
eingeführt, indem sich stets eine Anzahl junger Leute im Scheibenschießen üben
mußte. Eine Polizeiordnung (1660) verbot Fluchen und Schwören, Sonn-
tagsentheiligung, Ueppigkeit bei Hochzeiten, Taufen u. s. w., sowie Tanz und Klei-
derpracht. Andere Verordnungen verboten die Einfuhr fremder Weine, um den
„Weinbau, auf den doch des Fürstenthums Nahrung fast allein gegründet“, zu
fördern; Branntweinbrennen, die Ausfuhr von Hanf und Flachs, die Einfuhr
geringer Tücher und grobwolliger Schafe wurde bestraft. — Durch all diese Ge-
setze und Verordnungen wurden tief eingewurzelte Gebrechen und Mißbräuche
wieder abgeschafft und der Wohlstand des Landes begann sich zu heben. Würt-
temberg schien einer guten Zeit entgegenzugehen.
Aber die Nöthen des Kriegs, der Verwüstung und Plünderung zer-
störten die kaum aufgegangene Saat. Deutschland, insbesondere Habsburg,
war von zwei Mächten bedrängt, von den Türken und von Frankreich.
Erstere hatten seit der Zeit Karls V. ihre Macht ausgebreitet, hatten Kreta und
Siebenbürgen erobert und brachen nun auch in Ungarn ein. Deutschland aber
war, wie gewöhnlich, nicht einig. Die einzelnen Fürsten wußten nicht, an wen
sie sich halten sollten, denn der Reichstag brachte nichts zu Stande. So glaubte
auch Eberhard sich am besten aus den Verwicklungen eines Kriegs herauszuwin-
den und am meisten zum Frieden zu helfen, wenn er sich mit Frankreich verbinde.
Sein Bruder Friedrich rieth ihm, sich lieber mit der österreichischen Partei zu
vereinigen und auch die Landstände setzten alles daran, den Herzog von einem
Beitritt zu der im Jahr 1657 abgeschlossenen rheinischen Allianz abzu-
halten. Aber Eberhard glaubte, den Wohlstand und das Gedeihen seines Landes
am meisten zu fördern, wenn er diesem Bunde beitrete, und darum überhörte er
auch die wohlmeinendsten Rathschläge. Schweden und der Erzbischof von Mainz
redeten ihm ohnedies immerwährend zu 1), so daß er im Jahr 1659 Mitglied
der genannten Allianz wurde. Damit war Württemberg in einen Kampf hinein-
gezogen, der länger als 30 Jahre dauerte und das Elend des dreißigjährigen
Krieges theilweise erneuerte.
Das Vorrücken der Türken, vor denen ganz Deutschland zitterte, nöthigte
den Katser zum Aufgebot des Reichsheers. Eberhard stellte sogleich sein Reichskon-
tingent, das unter dem Befehlshaber Grafen Wolfgang Julius von Hohenhohe
zu dem kaiserlichen Feldherrn Montecuculi stleß und sich in der Schlacht bei
St. Gotthardt (1664) an der Raab auszeichnete. Der erste Angriff der
Türken trieb den größten Theil des Reichsheers in die Flucht; die rheinischen
Allianztruppen aber hielten Stand und errangen den Sieg 2). Dieser konnte
jedoch nicht verfolgt werden, und so wurde ein Waffenstillstand von 20 Jahren
mit den Türken abgeschlossen, in welchem diese Peterwardein und Siebenbürgen
1) Der schwedische Gesandte erinnerte den Herzog „an den Undank, dessen er sich
dadurch gegen Schweden schuldig mache.“ Und der Kurfürst von Mainz sagte ihm,
„eine solche Verbindung sei weder dem Friedensschluß noch den Reichssatzungen entgegen
und sehr nothwendig; auch verdienten es die übrigen Restitutionssachen nicht, daß die
Fürsten beider Glaubensparteien sich darüber entzweiten; ja sie seien nicht werth, daß
man eine Katze deßwegen sattle."“
2) Der Kaiser bezengte den Württembergern, „daß sie sich in den mit dem Erb-
feind vorgegangenen Aktionen zu ihrem immerwährenden Ruhm und seinem gnädigsten
Gefallen tapfer und wohl gehalten.“