Full text: Die Geschichte Württembergs.

8. 44. Herzog Eberhard Ludwig. Die Wirthschaft der Grävenitz. 143 
Gochsheim ließen sich später Waldenser nieder. Der Boden zum Anbau wurde 
ihnen unentgeltlich übergeben; sie erlangten Steuerfreiheit auf 10 Jahre, alle 
Rechte württembergischer Unterthanen und vollkommene Gewissensfreiheit. Ihr 
Haupt war der treue Pfarrer Heinrich Arnaud. Dem Waldenser Anton 
Seignoret verdanken wir die Einführung des Kartoffelbaus in unserem 
Lande (1710). 
Der Anfang des neuen Jahrhunderts brachte einen neuen schweren Krieg, 
den spanischen Erbfolgekrieg (1701—1715). Der nun 25jährige Her- 
zog Eberhard Ludwig sollte zeigen, in wie weit er seinem Volke ein Beschirmer 
sei. Er war ein schöner Jüngling, von edler Gestalt, freundlichen und fröhlichen 
Sinnes, und hatte eine sorgfältige Erziehung genossen. In Leibesübungen war 
er so gewandt, daß er als einer der besten Reiter und Tänzer seiner Zeit galt. 
Mit seiner Tapferkeit und Großmuth verband er Prachtliebe, Ueppigkeit und 
einen so starken Hang zum Sinnengenuß, daß er bei seiner Schwäche gegen sich 
selbst seine Leidenschaften nie bezwingen konnte. Unter diesem Mangel an 
Kraft zur Selbstüberwindung hatte sein Land viel zu leiden. Dabei besaß er 
noch die unüberwindliche Neigung, als Soldat zu glänzen. Zu diesem Zweck 
machte er Anstrengungen mit Truppen und Geld, die sowohl über seine Pflichten 
als über seine Kräfte giengen. Die bittern Früchte davon hatte ebenfalls das 
Land zu genießen. 
In dem neuen Kriege hielt der Herzog entschieden zu Oesterreich, das gegen 
Frankreich und das mit demselben verbundene Bayern kämpfte. Deutsche gegen 
Deutsche! Eberhard Ludwig zog mit seinem Heer an den Rhein, obgleich die Land- 
schaft ihm sehr von einem thätlichen Eingreifen in die Kriegsbewegungen abrieth; 
„wenn der Herzog wider ihr Verhoffen mit der thätlichen Prozedur fortfahren 
würde, müßten sie es dem lieben Gott und der Zeit in Geduld dermalen befehlen, 
wollen aber der Nachkommen wegen sich unterthänigst verwahrt haben."“ Der 
Herzog hörte auf den Rath der Landstände nicht, und so wurde Württemberg voll- 
ständig in den Rahmen des Kriegsschauplatzes hineingezogen. Als Eberhard Lud- 
wig, „wegen seiner vernünftigen Condutte und sonstigen fürstlichen Qualitäten" 1) 
vom Kaiser zum Feldmarschall-Lieutenant erhoben (1702)2), gegen Landau zog, 
fiel der Kurfürst von Bayern in Schwaben ein, eroberte Ulm und plünderte und ver- 
wüstete Oberschwaben. Schnell kehrte der Herzog zurück, verband sich mit dem 
kaiserlichen General Grafen von Limburg und schlug die Bayern an der Alt- 
mühl (1703). Hierauf suchte er die Vereinigung der Bayern mit dem französi- 
schen Feldherrn Villars zu verhindern. Das gelang ihm jedoch nicht. Die 
vereinigten Bayern und Franzosen plünderten Tuttlingen und Münsingen und 
überschwemmten das ganze obere Donauthal. Nach einem zu Großheppach 
zwischen Eugen von Savoyen, Herzog von Marlborough, Ludwig 
von Baden und Eberhard Ludwig abgehaltenen Kriegsrath, wurde der 
Schauplatz des Kriegs nach Bayern verlegt. In den Schlachten am Schel- 
lenberg und bei Höchstädt (1704) wurden die Franzosen und Bayern 
geschlagen. Der Herzog, der sich durch seine Tapferkeit dabel ausgezeichnet hatte, 
nahm als Ersatz für seine Kosten die den Bayern gehörige Herrschaft Wiesensteig. 
171) Im Jahr 1710 erhielt der Herzog „zur Belohnung seiner bisherigen Ver- 
dienste“ die Reichs-Generalfeldmarschalls-Würde.
	        
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