8. 46. Herzog Karl. Seine Reg. bis zum Erbvergleich. Die Wirthschaft Riegers 2c. 159
machte, suchte diesen Aufenthalt an einem protestantischen Hofe abzukürzen und
den jungen Herzog zur Unzufriedenheit zu stimmen. Andererseits suchte der
König von Preußen ihn für sich zu gewinnen, um in seinem Kampf gegen
Oesterreich in Schwaben Anhang zu finden. Als sich der Prinz nicht länger
mehr aufhalten ließ, ergriff der König ein anderes Mittel: er bewirkte die
Erklärung der Mündigkeit des Herzogs. Flriedrich schrieb an Kaiser
Karl VII., der Prinz besitze solche Eigenschaften, daß er ihn für fähig halte, noch
größere Staaten zu beherrschen als die, welche die Vorsehung ihm anuvertraut
habe 1).
So kehrte der Herzog im Jahr 1744 in sein Land zurück; unterwegs verlobte 1744.
er sich mit der Prinzessin Elisabeth Sophie von Brandenburg-Bay-
reuth, einer Nichte Friedrichs des Großen. Bei seinem Regierungsantritt
versprach er, „als ein rechtschaffener, wahrer Vater des Vaterlandes treuherzig zu
handeln und nach den Rechten und Ordnungen des Landes zu herrschen“. Er
bestätigte die Landesverträge und die Religions-Reversallen „im Worte der
Wahrheit, bei fürstlichen Würden, Ehren und Treuen“. Der Anfang seiner
Regierung ließ das Beste hoffen. Das Land wurde gut verwaltet. Das Fi-
nanzwesen leitete der Präsidvent Hardenberg, welcher durch Sparsamkeit viele
alte Schulden ohne neue Anlehen bezahlen und sogar bedeutende Erwerbungen
machen konnte. An der Spitze der Regierungsgeschäfte standen die tüchtigen
Geheimenräthe Bilfinger, Zech und Georgit, die mit musterhafter Treue
für das Wohl des Landes sorgten. Die Rechte der Landschaft, deren Konsulent
Johann Jakob Moser war, wurden vom Herzog geachtet; es wurde keine
Steuer ohne ihre Bewilligung ausgeschrieben; das Heer wurde vermindert und
kostete jährlich nur noch 270,000 fl. Auch bezüglich der Religion hielt der
Herzog fest an seinem Versprechen 2). Ob es aus Achtung vor den Verträgen
geschah, steht in Frage. Vielmehr ist anzunehmen, daß der Herzog, der abso-
lut regleren wollte, wohl einsah, daß sich die katholische Partei, falls ihr mehr
Rechte zugestanden würden, bald Eingriffe nicht bloß in die religiösen, sondern
auch in die Staatsangelegenheiten erlauben würde.
Bald aber wurde das Regiment ein ganz anderes; Her-
zog Karl opferte seine reichen Talente der Genußsucht und
dem Ehrgeiz; ger wollte ein Ludwig XV. und Friedrich II. in
Einer Person sein“. Er wurde von Schmeichlern umgeben, die ihn gegen
seine treuen Räthe aufhetzten und in wildem Sinnengenuß mit sich fort-
—
1) Friedrich legte dem jungen Fürsten seine Regentenpflichten mit allem Ernst
ans Herz. Zum Abschied gab er ihm noch einen Aufsatz, in welchem er ihm weise
Vorschriften gab; unter anderem: „Glauben Sie nicht, daß Württemberg für Sie da
set; seien Sie vielmehr überzeugt, daß die Vorsehung Sie in die Welt kommen ließ,
um Ihr Volk glücklich zu machen. Setzen Sie daher stets sein Wohlergehen höher, als
Ihre Vergnügungen; denn wenn Sie in so zartem Alter Ihre Lust dem Wohl Ihrer
Unterthanen aufzuopfern vermögen, dann werden Sie nicht nur ihre Freude, sondern
auch die Bewunderung der Welt sein!“
2) Auf einer Reise nach Rom wollte man ihn bewegen, dem Papst den Pantoffel
zu küssen. Als er sich weigerte, bemerkte man ihm, daß die Kardinäle diesen Kuß auch
leisten. Aber Karl entgegnete: „Der Papst kann wohl den nächsten besten Mönch zum
Kardinal machen; aber weder der Papst noch der Kaiser werden mehr als einen
Herzog von Württemberg in der Welt finden.“