Full text: Die Geschichte Württembergs.

K. 52. Allgemeiner Ueberblick- 193 
hinausgeworfen hatten, erwarteten nun mit allem Rechte, daß man Deutschland 
durch Herstellung seiner ehemaligen Macht und Ehre in Einem großen, nach 
innen und außen starken Reichskörper wieder ergänzen und aufrichten würde, 
wie es vorher verheißen worden war. 
Aber die Fürsten hatten zu viel für sich und ihre Interessen zu sorgen; 
die Völkkr blieben vergessen. Auf dem Wiener Kongreß (1814) wurde 
die deutsche Frage auffallend vernachläßigt. Von der Wiederherstellung 
des alten deutschen Kaiserthums konnte keine Rede mehr sein, da sich Kaiser 
Franz, von Metternich unterstützt, weigerte, die deutsche Kaiserkrone wieder 
anzunehmen, weil er darin für seine Hausmacht mehr eine Gefahr, als einen 
Vortheil erblickte. Die Machtgleichheit Preußens und Oesterreichs machte ein 
einiges Deutschland unmöglich; es konnte nur ein Bundesstaat Gleichberechtigter 
werden. England und Rußland hielten ein mächtiges Deutschland für gefährlich, 
darum mußten die Schweiz, Holland, Elsaß und Lothringen getrennt bleiben. 
Man wollte überhaupt keine deutsche Nation haben, sondern nur Oesterreicher, 
Preußen, Bayern u. s. w. Oesterreich aber wollte auch keinen mächtigen Neben- 
buhler an Preußen haben; deßhalb wurde es von Trier bis Memel in die Länge 
gezerrt und durch Ländertheile getrennt. An der Ostsee durfte Preußen keinen 
festen Fuß gewinnen. Ostfriesland kam wieder an Hannover. Ueberall hatte 
die heillose Metternich'sche Politik dafür gesorgt, daß Deutschland nichts als 
„ein geographischer Begriff“ werde. „Was die Schwerter erworben, hatten die 
Federn verdorben.“ Der heilige Bund (1815) ward nur geschlossen, um 
das Gleichgewicht der Dynastieen herzustellen und zu erhalten, und um das frisch 
und fröhlich aufgekeimte Völkerleben sogleich wieder zu ersticken. 
Solche Früchte sah das deutsche Volk aus seiner Blutsaat sprießen! 
Darum wandten sich auch die Freunde des Vaterlandes in Bitterkeit ab von 
jenem Werke, in welchem für den Zweck der inneren Befreiung, für den man 
mitaufgerufen und mitaufgestanden war, nichts geschehen war. Viele hatten 
eine Erneurung des Kalserreichs mit zeitgemäßen Reformen und mit Betheiligung 
des Volks an der Gesetzgebung und am Staatshaushalt gehofft und gewünscht, 
und betrachteten daher mit Mißvergnügen das zerstückelte und zerspaltene Deutsch- 
land, aus dem sich, statt der erwarteten Staatseinheit mit entscheidender 
Stimme nach außen, ein aus einer Vielheit souveräner Staaten gebildeter 
Staatenbund mit machtloser Bundesvertretung der Regierungen ohne alle 
Volksrepräsentation gestaltete. Dieser deutsche Bund umfaßte 38 souveräne 
Staaten: 1 Kalserreich (Oesterreich), 5 Könlgreiche (Preußen, Bayern, 
Hannover, Sachsen, Württemberg), 1 Kurfürstenthum (Hessen-Kassel), 
7 Großherzogthümer (Baden, Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, 
Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar, Luxemburg, Oldenburg), 9 Herzog- 
thümer (Miiningen, Koburg-Gotha, Altenburg, Dessau, Köthen, Bernburg, 
Nassau, Braunschweig, Holstein), 10 Fürstenthümer (2 Hohenzollern, 2 
Schwarzburg, 2 Reuß, 2 Lippe, Waldeck, Lichtenstein), 1 Landgrafschaft 
(Hessen-Homburg) und 4 freie Städte (Frankfurt, Hamburg, Bremen, 
Lübeck). Die Bundesangelegenheiten wurden von den Bundestagsgesandten 
unter Oesterreichs Vorsitz gemeinschaftlich berathen und besorgt. Der Sitz des 
Bundestags war Frankfurt a. M. Das Bundesheer nar 300,000 Mann 
Staiger, Geschichte Württembergs. 13
	        
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