Full text: Die Geschichte Württembergs.

196 IV. Württemberg als (Kurfürstenthum und) Königreich. 
wollte keine Vereinbarung mit den Fürsten, schaffte den Bundestag ab, wählte den 
Erzherzog Johann als Reichsverweser, der sich von den deutschen Heeren 
huldigen ließ. Preußen und Oesterreich duldeten dies nicht, Bayern nur bedingt; 
in der Versammlung bildeten sich 3 Hauptparteien: die äußerste Linke wollte 
die Republik, die kleindeutsche Partei, mit dem Präsidenten Heinrich 
von Gagern an der Spitze, ein einiges Deutschland mit Ausschluß Oesterreichs 
und konstitutionelle Monarchie, die groß deutsche Partel wollte Oesterreich 
mitaufgenommen haben. Die kleindeutsche Partei lehnte sich an Preußen an, dessen 
General Wrangel gerade die Dänen aus Schleswig-Holstein hinausgeschlagen 
hatte, aber von England, Schweden und Rußland gezwungen wurde, sein Heer 
zurückzuziehen. Diese moralische Niederlage Preußens ermuthigte die Demokra- 
ten zu dem Beschluß, das Parlament zu sprengen und an seine Stelle einen Kon- 
vent zu setzen. Der zu diesem Zweck angefangene Barrikadenkampf in Frankfurt 
wurde aber von hessischen und preußischen Truppen niedergeschlagen. Als Fried- 
rich Wilhelm IV. von Preußen seinem Lande eine neue Verfassung gab, 
drang die kleindeutsche Partei im Parlament durch: die deutsche Reichsver- 
fassung kam nach ihrem Sinn zu Stande und der König von 
Preußen wurde zum Reichsoberhaupte gewählt. Sogleich rief 
Oesterreich seine Abgeordneten zurück; der Reichsverweser dankte ab; Bayern, 
Sachsen, Hannover und Württemberg erklärten sich gegen den Parlamentsbe- 
schluß und König Friedrich Wilhelm von Preußen dankte für die Wahl zum 
deutschen Kaiser. Als vollends Preußen, Bayern, Hannover und Sachsen ihre 
Abgeordneten aus Frankfurt zurückriefen, bekam die Demokratie im Parlament 
das Uebergewicht und suchte ihre Plane durch die Aufstände in Baden und in der 
Pfalz durchzuführen. Dieses „Rumpfparlament" flüchtete sich nach Stutt- 
gart, wo es durch die Regierung auseinander gejagt wurde. Preußen er- 
stickte die revolutionären Aufstände im eigenen Lande, in Sachsen, Baden 
und in der Pfalz, und Oesterreich wurde durch Rußland in der Unterdrückung 
des von Kossuth geleiteten ungarischen Aufstands unterstützt. 
So war die ganze Bewegung der Jahre 1848 und 1849 im Sande ver- 
laufen; ihre Erfolge waren anscheinend gering. Die Nationalversammlung, von 
welcher man den Wiederaufbau eines einheitlichen deutschen Reiches erwartet, hatte 
nichts zu Stande gebracht; sie war schmählich untergegangen. Aber Eines hat 
jene Zeit bewirkt: In den Herzen vieler edler deutscher Männer 
hatte die Idee festen Platz gewonnen, daß Deutschl and nur als 
Bundesstaat unter preußischer Centralregierung mit Ausschluß 
Oesterreichs aus dem Reiche, zur Einheit, Macht und innern und 
äußern Freiheit gelangen könne. 
Zur Verwirklichung dieser Idee ließen sich allerdings die politischen Agi- 
tationen der nächstfolgenden Jahre nicht an. Preußen, das einen Bundes- 
staat mit Volksvertretung einsetzen wollte, schloß mit Sachsen, Han- 
nover und einigen kleineren Staaten das Dreikönigsbündniß (1850). 
Sachsen und Hannover traten bald zurück. Als Preußen mit den übrigen Mit- 
gliedern auf dem Erfurter Parlament eine Union zu Stande zu bringen 
suchte, trat ihm Oesterreich mit Sachsen, Bayern und Württemberg 
entgegen. Oesterreich eröffnete am 1. Sept. 1850 den Bundestag in Frankfurt 
wieder. Preußen beschickte ihn nicht. Die gegenseitige Spannung drohte zu
	        
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