Full text: Die Geschichte Württembergs.

K. 52. Allgemeiner Ueberblick. 197 
einem Krieg zu führen, da der Kurfürst von Hessen mit seinem verhaßten Ministe- 
rium Hassenpflug Anlaß zum Einschreiten der Union und des Bundestags gegeben 
hatte. Doch endete die Kriegsaffatre mit dem Tod „des Schimmels von Bronzell“. 
Auf Preußen aber wartete „die Schmach von Olmütz“. Hier wurde es 
von Oesterreich und Rußland gezwungen, der Union zu entsagen, Schleswig-Hol- 
stein nicht weiter gegen Dänemark zu schützen und sich der Besetzung Kurhessens 
durch das Bundesheer nicht zu widersetzen. — Oesterreich verhalf den Dänen zur 
Wiedereroberung von Rendsburg und stellte (1851) die dänische Regierung in 
Holstein wieder her!! Die deutsche Flotte aber wurde im Aufstreich an den Meist- 
bietenden verkauft!!] So tlef war Deutschland durch den Einfluß Oesterreichs ge- 
sunken; es war zum Hohn und Gespött aller Völker geworden. Die Herzen 
vieler Deutscher bebten in edlem Schmerz und gerechtem Zorn über die wider- 
fahrene Schmach 1). Seither war es die Metternich'sche Politik gewesen, 
welche die Einigung Deutschlands aufgehalten und verhindert hatte; jetzt wurde 
es die Napoleon'sche Politik.-Nachdem Napoleon III. (1852— 1870) 
im Krimkrieg (1855) Rußland und im lombardischen Kriege (1859) 
Oesterreich geschlagen und gedemüthigt hatte, sollte die Reihe an Preußen, 
kommen (nach dem von Napoleon I. erborgten Grundsatze: „’un après l’autre!“). 
Hier hatte 1861 Wilhelm lI. die Regierung übernommen und schon während 
der Stellvertretung und Regentschaft für seinen Bruder (1857—1861) die 
gründliche Umbildung des Militärs durch den Kriegsminister Roon und den 
Generalstabschef Moltke vorgenommen. Im Jahr 1862 berief König Wilhelm 
ein neues Ministerlum unter dem Vorsitz des Freiherrn von Blsmarck-Schön- 
hausen (geb. 1815), welcher zuvor Gesandter Preußens beim Bundestage 
(1851—1859), in Petersburg (1859— 1862) und in Paris (1862) gewesen 
war. Bismarcks Ziel war „die Herstellung des deutschen Reichs, die 
aber nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse, sondern durch 
Blut und Eisen zu Stande kommen müsse“. Oesterreich fühlte bald 
heraus, wie sehr Blsmarck seiner Polltik abgeneigt sei. Es berief im August 
1863 einen Fürstenkongreß nach Frankfurt, welchen König Wilhelm aber 
nicht besuchte. Oesterreich bezweckte eine enge und dauernde Verbindung der 
Mittelstaaten mit sich gegen Preußen. Derartige theoretische Fragen, die nie zu 
einem bestimmten Ziele führten, kamen jedoch schnell aus dem Spiel, als der 
Schles wig-Holsteinische Krieg ausbrach, 1864. Preußen und 
Oesterreich eroberten beide Provinzen, welchen König Christian IX. von 
Dänemark die Selbständigkeit geraubt hatte, und verwalteten sie gemeinschaft- 
lich. Als Preußen von dem Prinzen Friedrich von Augustenburg die 
Einräumung des Kieler Hafens und der Festung Rendsburg verlangte, lehnte 
1) Theobald Kerner, der Sohn von Justinus Kerner, trauert über jenen 
Zustand in seinem Liede „der Reichsapfel“: 
„Es war einmal ein Apfel, Der Apfel ist zerschnitten 
Reichsapfel war er 9'nannt, In mehr als dreißig Schnitz; 
Es trug ihn stolz der Kaiser Mit den verschrumpften Hutzeln 
In seiner starken Hand. Treibt jeder seinen Witz. 
Der Franzmann und der Welsche, 
Der Däne selbst greift zu — 
Ha! wär' noch ganz der Apfel, 
Sie ließen ihn in Ruh!“
	        
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