242 IV. Württemberg als Königreich.
dieses Friedens waren: 1. Elsaß (leider ohne Belfort!) und ein Theil
Lothringens mit Metz werden deutsch; 2. Frankreich zahlt fünf
Milliarden Franken Kriegskontributilon binnen 3 Jahren ra-
tenweise an Deutschland; bis zur vollständigen Auszahlung
bleiben mehrere Departements, sowie die Festung Belfort von
den Deutschen besetzt; 3. die Kriegsgefangenen werden frei ent-
lassen und die Pariser Forts auf dem linken Seineufer von den
Deutschen geräumt.
-Während noch in Frankreich die Kriegswürfel fielen, ward im stillen der
Verfassungsbau des deutschen Reiches zur Vollendung gebracht. Was
Napoleon und Frankreich hatten verhindern wollen, das hatten sie geschaffen:
— die Einigung Deutschlands. Schon in den letzten Monaten des
Jahres 1870 waren die Bevollmächtigten aller Deutschen Staaten in Versailles
zusammengetreten, um eine deutsche Reichsverfassung zu berathen. König
Ludwig II. von Bayerrn schlug vor, den norddeutschen Bund zum deutschen
Reiche zu erweitern und dem König von Preußen die deutsche Kai-
serkrone anzubieten. Auch mit Württemberg wurde eine Ueberein-
kunft erzielt; im Post= und Telegrapbenwefen wurde eine Ausnahmsstellung ge-
stattet. Die Genehmigung zu dem Vertrage wurde von den württembergischen
Kammern ohne Wlderstand ertheilt. Die feierliche Proklamation der wiederher-
gestellten deutschen Kaiserwürde und die Huldigung erfolgte am 18. Januar 1871
im großen Spiegelsaale des Schlosses zu Versailles.
So war das deutsche Katserreich, das von 800— 1806 ein „hei-
liges römisches Reich deutscher Nation“ gewesen, wiederhergestellt, aber unab-
hängig von Rom. Die deutschen Fürsten und Völker hatten freiwillig, ohne
äußeren Zwang oder Genehmigung fremder Staaten, demm Hohenzollern
die Kaiserkrone gereicht, ihm, dem „Siegreichen“, der sie auf dem Schlacht-
felde errungen und verdient hat. Er ist der erste protestantische Kaiser
Deutschlands.
Das deutsche Reich hat jetzt einen Flächeninhalt von 9800 Quadrat-
meilen mit 41 Millionen Einwohnern, wovon 90 Prozent Deutsche. Bezüglich
der Größe ist Deutschland der dritte, bezüglich der Einwohnerzahl der zweite
Staat Europas. Württemberg hat einen Flächenraum von 354 Quadrat-
meilen mit 1,818,000 Einwohnern, also bezüglich der Größe 3,6, bezüglich der
Einwohnerzahl 4,4 Prozent des gesammten Deutschlands. — An der Spitze des
deutschen Reichs steht nächst dem Kaiser Wilhelm der Reichskanzler Fürst
Bismarck. Der Bundesrath zählt 58 Mitglieder (Preußen 17, Bayern 6,
Sachsen und Württemberg je 4 Stimmen u. s. w.); der deutsche Reichs-
tag zählt 397 Abgeordneten (Preußen 235, Bayern 48, Sachsen 23, Würt-
temberg 17 u. s. w.).
Das deutsche Krlegsheer, dessen Oberfeldherr der Kaiser ist, zählt
17 Korps; das württembergische (13.) Korps, dessen General-Kom-
missär gegenwärtig General von Schwarzkoppen ist, hat zwel Divisionen
(die 26. in Stuttgart, General von Reitzenstein, die 27. in Ulm, Ge-
neral von Starkloff). — Die deutsche Flotte (Admiralitäts-Chef:
General von Stosch) zählt 42 Kriegsschiffe mit 307 gezogenen Geschützen
schwersten Kalibers.