8. 9. Graf Ulrich der II. und Graf Eberhard I., der Erlauchte. 23
Juden zahlen, was er ihnen schulde, die Mauern Stuttgarts brechen und als
Gewähr des Friedens die Burgen Rems und Wlttlingen auf zwei Jahre dem
Kaiser übergeben. Auf diese Bedingungen war Eberhard nur aus augenblick-
licher Noth und mit dem Vorsatz eingegangen, sobald als möglich das aufgelegte
lästige Joch wieder abzuschütteln. Kaum war Rudolf aus Schwaben gezogen, so
ließ der Graf die niedergerissenen Mauern Stuttgarts fester und stärker wieder
herstellen; zugleich unternahm er einen Zug gegen die Eßlinger. Damit entspann
sich eine der blutigsten Fehden des 13. Jahrhunderts, während welcher, obgleich
sie nur ein Jahr dauerte, Verheerung und Elend über das ganze Land verbreitet
und viele Ortschaften verbrannt und verwüstet wurden. Rudolf hatte sich vorgenom-
men, diesmal den Störefrled gründlich zu züchtigen und zerstörte deßhalb Cannstatt
und 7 Burgen in der Umgegend von Stuttgart. Eberhard besaß Klugheit genug,
um einzusehen, daß sein Heil jetzt nur in einem schnellen, wenn auch für ihn un-
günstigen Frieden zu finden sei. Dieser wurde mit denselben Bedingungen ge-
schlossen wie der des Jahres 1286.
Durch diese immerwährenden Kämpfe mit Eberhard und andern schwäbl-
schen Rittern hatte Rudolf einsehen gelernt, daß die Herstellung eines Herzog-
thums Schwaben ein Ding der Unmöglichkeit sei. Er gab darum seinen Plan auf
und versammelte die schwäbischen Herren auf Hohenstaufen zu einem Gautag.
Dabeil wurde beschlossen: „Kaiser Rudolf verzichtet auf die Wiederher-
stellung des Herzogthums Schwaben; dieses bleibt in der Weise
Reichslehen, daßjeder einzelne Landbesitzer, geistlichen und welt-
lichen Standes, sein Besitzthum sammt Rechten als Lehen des
Reichs trägt; der mittlere Adel, Stifter, Städte, Klöster, die
sich seither dem höhern Adel nicht unterworfen haben, werden
reichsunmittelbüar und unter kaiserliche Reichsvögte gestellt“.
Sitz des obersten Gerichtshofs wurde Rottwell. — Dieser denkwürdige Akt fällt
in das Jahr 1288. Rudolf hatte nach bestem Wissen und mit aufrichtigem Willen
gehandelt, um durch diesen Beschluß den Grund zur Ruhe und Ordnung in
Schwaben zu legen. Allerdings schwiegen die Unzufriedenen für den Augenblick;
war doch jedem die längst gewünschte Selbständigkeit geworden! Diese selbst aber
wurde nur zu bald die Quelle der blutigsten Kämpfe, zumal als das Amt eines
Reichslandvogts, von dem sich mit allem Recht viel Gutes erwarten ließ, den
streitlustigen Württemberger Grafen übertragen wurde, welche namentlich den
Städten hart zusetzten.
Kaum war Kaiser Rudolf gestorben (1291), als der Kampf auf's neue
losbrach. Eberhard griff den Grafen Albrecht von Hohenberg an; jeder ver-
heerte des andern Gebiet, bis ein neuer, festerer Friede geschlossen und durch die
Verhelratung von Eberhard's Sohn, Ulrich, mit Irmengard, der Tochter
des Hohenbergers, eigentlich bestegelt wurde. Eberhard hatte durch diese Ver-
bindung bedeutend an Macht und Ansehen gewonnen, und auch seine bittersten
Feinde getrauten sich nicht, ihn anzugreifen, als er die Burgen, die er unter Ru-
dolf dem Reich hatte zurückgeben müssen, wieder an sich riß.