Full text: Die Geschichte Württembergs.

1320. 
1325 
bis 
1344. 
26 II. Württemberg als Grasschaft. 
nach Stuttgart (1320). — Im Jahr 1322 verlor Friedrich die Schlacht von 
Mühle. und Kaiser Ludwig, der ein gütliches Einvernehmen mit Eberhard 
nicht unterschätzte, wandte sich diesem freundlich zu, bestätigte ihn in allen seinen 
Besitzungen und Rechten, und wies ihm die Reichssteuer von Eßlingen und 2000 
Mark Silber zu. 
So hatte Eberhard endlich mit schwerer Mühe und unter harten Kämpfen 
und Sorgen alles wieder erlangte, was er besessen und erworben hatte. Es wäre 
ihm wohl zu gönnen gewesen, wenn er den Abend seines Lebens hätte im Frleden 
beschließen können. Doch auch jetzt sollte er das Schwert nicht aus der Hand 
legen; er wollte es selbst nicht. Eberhard ließ sich in einen Streit ein, der den 
Schein der Undankbarkeit auf ihn wirft. Rudolf von Baden hatte ihm nemlich 
für das Heiratgut seiner Schwester Irmengard, der zwelten Gemahlin Eberhard's, 
die Burg Reichenberg verpfändet mit der Bedingung, daß sie, wenn sie in 
10 Jahren nicht eingelöst werde, als Eigenthum an Württemberg falle. Diese 
Einlösung hatte Rudolf seither versäumt; vielleicht hatte er die Angelegenhelt 
durch die Hilfe, die er Eberhard bei der Wiedereroberung seines Landes geleistet 
hatte, für ausgeglichen gehalten. Eberhard dachte anders und sandte seinen Sohn 
Ulrich zur Belagerung Reichenbergs ab. Dieser wurde aber i--e Der 
Gram darüber brach dem alten Vater das Herz (1325). 
Daß ein Mann wie Eberhard, der den Hannisch eigentlich nie aegeleg. 
nicht viel im Dienst und zu Nutz und Frommen der Kirche gethan hat, ist selbst- 
verständlich. Das Einzige, was uns die Geschichte hierüber erzählt, ist, daß er 
das Chorherrenstift zu Beutelsbach nach Stuttgart verlegte. Um diese Sache zu 
bereinigen, war er selbst „zum Papst Johann XXII. nach Avignon gefahren“, 
wo er als Gesandter von Kalser Friedrich aufzutreten hatte. Die Zahl der Chor- 
herren wurde verdoppelt; ihr Geschäft war die Abhaltung des Gottesdienstes an 
der Gruft der verstorbenen Grafen. Von dlesem Stift hat die Kirche heute noch 
den Namen „Stlftskirche“. 
„Fomes perfidiae, vas perditionis, pacis destructor“ 1) nennt Peter von 
Königssaal (Cron. aulae regiae) den wilden Grafen, dessen Wahlspruch „Gottes 
Freund und aller Welt Feind“ allerdings trotzig und derb genug klingt. Gegen 
solchen Vorwurf muß jedoch entgegnet werden, daß Eberhard, ein Kind seiner 
Zeit“, nicht anders als andere auftrat, und wenn dennoch sein Eingreifen in die 
Geschicke Schwabens ein nachdrucksvolleres und einflußreicheres war, als das 
anderer kleinerer Fürsten, so ist dies auf die Rechnung seines ritterlichen 
Heldenmuths, seiner Beharrlichkeit und Klugheit zu setzen. Den größten Theil 
seiner Besitzungen erwarb er nicht durch das Schwert, sondern durch Kauf und 
Verträge; und es wird niemand an ihm tadeln, daß er den Verfall der ihn um- 
wohnenden Adelsgeschlechter, sowie die Gelder aus den Reichslandvogteien über 
die Städte zur Vergrößerung seiner Macht benützte. Er hinterließ die um das 
Doppelte vergrößerte Grasschaft ½ Sohne 
. 11. 
Graf Alrich uu. 1325.—1344. 
Dieser stammte aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Irmengard von Ba- 
den, sein älterer Bruder, auch Ulrich, war schon 1315 gestorben. Ihm gieng der 
1) „Zündstoff der Wortbrüchigkeit, Gefäß des Verderbens, Zerstörer des Friedens“.
	        
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