92 III. Württemberg als Herzogthum.
seinen Bruder eine Vereinbar ung mit Christoph traf. Diese kam im Jahr 1542
in Reichenwe yer zu Stande. Ullrich verlangte: „Er soll als ein getreuer
Sohn nach des Vaters Willen sich für sich und seine Erben auf die Beibehaltung
der Rellgion und Gebräuche des wahren Evangelilums verpflichten, die Tochter
des Markgrafen Georg von Brandenburg, Anna Marta zu Ansbach,
jedoch ohne daß seiner Neigung Gewalt geschehe, heiraten, dem Vetter Georg,
sofern er sich füge, bewilligen, was der Herzog ihm elnräumen, wobei aber nichts
vom alten Herzogthum werde abgesondert werden und endlich den Anfall des letz-
teren, wenn er ohne männliche Erben sterbe, an den Oheim und seine Nachkom-
men verbürgen; wogegen ihm alle väterliche Liebe und Treue und seiner Zeit der
ruhige Besitz des Landes zugesichert bleibe.“ Christoph nahm diese Bedingungen
an, durfte mit seinem Vater in Urach zusammenkommen, seine Oheime in Bayern
besuchen und wurde dann Statthalt er von Mömpelgard. Nun gieng
aber die Noth erst wieder von neuem an. Georg wollte nicht weichen, bis die
rückständigen Jahresgelder bezahlt seien. Ulrich zahlte nicht; Christoph hatte
nur Schulden und mußte selnen Ohelm endlich mit den Landeseinkünften be-
friedigen. Noch acht Jahre lastete drückende Armut auf ihm. Als er sich im Februar
1544 mit Anna Maria von Ansbach verhetratete, zog er sich auf der Reise eine
Krankheit zu, weil ihm der Vater nicht einmal eine genügende Winterkleidung
verschafft hatte. Das Eheleben brachte größere Nahrungssorgen. Auf die dringend-
sten Bitten erhielt er einmal 2000 fl., zugleich mit der Bemerkung, „daß er sich
nach der Decke strecken solle, was ihm ja nie haben schmecken wollen.“ Des
Vaters Geiz stürzte den Sohn immer tiefer in Schulden; sie betrugen endlich
101.000 fl., während Ulrich auf seinen Schlössern Urach und Tübingen eine
Ersparniß von 340,000 fl. aufhäufte. Christoph mußte sein Joch in Gerduld
tragen. Er beschäftigte sich in Mömpelgard eifrig mit Wissenschaften, las die
Schriften von Luther, Melanchthon, Brenz u. a., und bereitete sich durch all dies
auf die schwere Aufgabe eines Regenten vor, die für ihn eine doppelt schwere sein
sollte, die aber zugleich von ihm herrlich und segensreich gelöst wurde.
Nach dem Ausbruch des Schmalkaldischen Kriegs zog Christoph nach Basel.
Ulrich sollte wegen seiner Verbindung mit den protestantischen deutschen Fürsten
sein Land verlieren, und besonders König Ferdinand beschuldigte ihn der Felonie
(Treubruch des Vasallen gegen den Lehensherrn). Als einziges Rettungsmittel
stellte Granvella insgeheim das Eingehen auf einen Vertrag hin, nach welchem
Ulrich die Regierung seinem Sohne abtreten solle. Gegen diesen könne nicht vor-
gegangen werden, da er an dem Unternehmen seines Vaters nicht betheiligt ge-
wesen sei. Ulrich ergab sich darein unter dem Vorbehalt, daß Christoph in wich-
tigen Geschäften nichts gegen den Willen seines Vaters vornehmen und ihm bei
Gelegenheit die Regierung wieder zurückgeben solle. Christoph war damit zufrieden
und reiste dann zum Kaiser nach Augsburg, um ihn zum gütlichen Ausgleich zu
bewegen. Da es ihm nicht gelang, so legte er von Basel aus Verwahrung gegen
die gewaltthätigen und ungerechten Maßregeln Oesterreichs ein mit dem Anfügen,
daß er sich seine Rechte auf Württemberg nicht nehmen lasse. Ulrich versuchte selbst
auf dem Reichstag zu Augsburg (1550) den Kaiser günstiger zu stimmen.
Doch Ferdinand gab in keiner Weise nach. Deßhalb rief der Herzog den Sohn
ins Land, damit er nach Verkündigung des kaiserlichen Urtheils sogleich gegen
dasselbe auftreten könne. Christoph hielt sich in Leonberg und Calw auf, ohne