Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Stoff hat sich niemand zu Worte gemeldet; debattelos wird 
der Entwurf des Staatshaushalts an den Ausschuß über- 
wiesen. ODer Ministerpräsident erhebt sich, das ganze Haus 
rauscht empor, — nur das Häuflein der Unabhängigen bleibt 
demonstrativ sitzen. Ob wie in früheren Zeiten eine kaiser- 
liche Botschaft verlesen wird, ob wie anscheinend jetzt das 
Deutsche Reich zu Grabe getragen wird: die um Rosenfeld 
und Hoffmann-kennen keine Ehrfurcht. Stehend hören die 
übrigen die Worte des-Ministerpräsidenten an. Er beruft sich 
auf die vor vier Wochen gefaßte Entschließung der preußischen 
Landesversammlung, daß kein Friede geschlossen werden 
solle, der über die 14 Punkte Wilsons binausgehe und 
deutsches Gebiet opfere, kein Friede, der nicht sofortige Auf- 
hebung der Blockade, Räumung der besetzten Gebiete und 
Befreiung unserer Gefangenen bringe. In den jetzigen 
Versailler Bedingungen sei von dem „Wilson-Frieden" keine 
Spur mehr zu finden. Sie enthielten für unser Vaterland 
eine kaum verhüllte Sklaverei, für ganz Europa eine neue 
Flut von Blut und Tränen. Ein dröhnendes „Sehr wahr!" 
nach dem anderen durchbricht die lautlose Stille der Hörer. 
Noch nie hatte Herr Hirsch einen solchen Resonanzboden. 
Man mute uns zu, unser eigenes Todesurteil zu unterschreiben. 
„Sehr wahr!"“ An diesen Feststellungen und der Bitte, das 
ganze Volk möge sich hinter die Regierung stellen, läßt sich 
der Ministerpräsident genügen. Führt die Regierung? In 
diesen Wilson-Frieden hinein hat sie uns geführt. Und nun 
weiß sie keine andere Parole an das preußische Volk als die, 
es möge „kaltes Blut“ bewahren. Also Ruhe ist die erste 
Bürgerpflicht; das alte Schwächlingswort erlebt seine Auf- 
erstehung. Der Bizepräsident der Landesversammlung, 
Dr. Frentzel, schließt sich „9im Namen einer großen Anzahl 
von Abgeordneten“ dem Widerspruch gegen die Friedens- 
bedingungen an und wird von dem Abgeordneten Hoffmann 
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