Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

auf Lager, die bei uns überzählig sind und die das Ausland 
gerne kaufen möchte, aber die Ausfuhr werde durch behörd- 
liche Rückständigkeit unmöglich gemacht. Die Zwangswirt- 
schaft beschäftige noch heute weit über 100 000 Beamte, ver- 
bindere aber nicht nur unser wirtschaftliches Emporkommen, 
sondern sei auch ein wahrer Herd der Korruption; in Berlin 
und an den Grenzen sei heute jeder Erlaubnieschein zu haben, 
wenn man ihn sich erkaufe oder erschiebe. 
Vom Regierungstisch wird den Interpellanten eine im 
allgemeinen entgegenkommende, im einzelnen ausweichende 
Antwort erteilt. Bei der zweiten förmlichen Anfrage der 
beiden nationalen Parteien, der Interpellation über den 
Landarbeiterstreik, kommt es schon zu schärferen Auseinander-- 
setzungen. Bon den Oeutschnationalen hat der Abgeordnete 
Behrens die Begründung übernommen, und das ist für ihn 
persönlich sicher kein leichtes Ding, da er selbst Führer einer 
Landarbeitergewerkschaft ist, seine Fraktionsgenossen aber 
zum großen Teil innerlich wohl mehr den Arbeitgebern in 
der Landwirtschaft recht geben. Behrens spricht in würdiger 
und vermittelnder Art. Im Grunde ist es nach unserer 
Meinung auf dem Lande eine reine Kleider- und Stiefel- 
frage und nicht eine große politische Bewegung, wenn auch 
unsere sozialdemokratische Regierung alles Mögliche getan 
hat, um die Arbeiter politisch aufzuputschen: geht die jetzt 
Insetzende Berbilligung so weit, daß der ländliche Tagelöhner 
wieder imstande ist, für seinen Barlohn sich und seine Familie 
mit Kleidung und Schuhwerk zu versehen und dabei noch 
anständigen Tabak für seine Pfeife zu erschwingen, dann ist 
der Friede auf dem Lande alsbald wiederhergestellt. Im 
übrigen sollte man das vielfach noch sehr gute Verhältnis 
zwischen Herr und Knecht nicht mit aller Gewalt stören. Die 
Sozialdemokratie denkt darüber freilich anders. Ihr Arbeits- 
minister Schlicke hält in Erwiderung der Interpellation wider 
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