Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Regierung nicht passe. Auf die Demokratisierung pfeife die 
Masse, damit sei ihr nicht gedient. 
Oer fette, kleine Henke spricht ganz leidenschaftslos und kalt, 
ohne jede Extase, etwa so wie früher die russischen Studenten 
und Studentinnen, die Mandelstamm und Silberfarb, sich 
beim summenden Samowar nüchtern über die Fabrikgtion 
von Bomben zu unterhalten pflegten. Erditzt sind nie die 
Fübrer, sondern nur die Geführten. Es ist aber eine ganz 
besondere JZronie der Weltgeschichte, daß mit dem kalten 
Wasserstrahl nicht nur, sondern auch mit Pulver und Blei 
gegen den ganzen Wahnsinn jetzt dieselbe Sozialdemokratie 
auftreten muß, die ihn seit über fünfzig Jahren selber groß-- 
gezogen hat. Der rote Reichsminister Dr. David, der am 
Schlusse der beutigen Debatte zu Worte kommt, nennt ihn 
den Sozialismus Asiaticus. Damit ist er aber nicht tot- 
zukriegen, der ungebärdige Sprößling unserer alten Sozial- 
demokratie, daß sie ihn jetzt verleugnet und zu einem rasse- 
freimden Bastard stempeln möchte. 
In diesem trostlosen Aneinandervorbeireden des unab- 
bängigen Fanatikers und des gesättigten Sozialisten ein- 
gebettet, liegt eine erquickende nationale Rede des Führers 
der Deutichen Volkspartei Dr. Stresemann, der mit Treitschke- 
schem Feuer das hohe Lied von Preußens deutschem Berufe 
singt. Stresemann ist einer der wenigen in der National- 
versammlung, die ganz frei sprechen und darum viel unmittel- 
barer wirken als die Gilde derer vom Merkzettel. Der Unita- 
rismus, meint er, sei bei uns nicht durchführbar, daher müsse 
uns ein starkes Preußen erhalten bleiben, an das wir uns 
erneut in tiefster Not klammern könnten, um uns allmählich 
wieder emporzuarbeiten. „Arbeiten und nicht verzweifeln!“ 
Mit diesem Zitat schließt der Redner. Wenn nur die Arbeit 
der Nationalversammlung sich nicht als genau so nutzlos er- 
weist wie schon so manche sogenannte Notstandsarbeit. 
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