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Maßnahme handelt, kann nicht in Betracht kommen. Ent-
scheidend kann auch nicht sein, ob die Strafsatzung und
die Strafnorm in einer Bestimmung verbunden sind oder
nicht (Köhler Die Strafbarkeit bei Rechtsirrtum
S. 28 b, 39)“". Weitere Zitate Dürr, Zeitschrift für
Rechtspflege in Bayern, 1915, S. 237.
b) Unzweifelhaft ist 3 9b ein Rahmengesetz'). Und
wenn auch die einzelne Anordnung des Militärbefehls-
habers eine von § 4 B3G. losgelöste, selbständige Existenz
zu führen bestimmt ist, so besteht doch die gleiche Unab-
hängigkeit nicht gegenüber § 9b. Das zeigt sich deutlich
darin, daß eine Anordnung des Militärbefehlshabers, die
nicht auf 3 9b, direkt oder implizite auf das Inter-
esse der öffentlichen Sicherheit, Bezug nimmt, durch die
Strafvorschrift dieser Bestimmung nicht gedeckt wird.
Nicht ein bestimmtes Verbot wollte § 9btreffen,
sondern er wollte alle die vielen Verbote, die sich zu
keinem Zeitpunkte übersehen lassen, pönalisieren, die unter
den dort festgestellten Voraussetzungen von dem Militär-
befehlshaber in den Grenzen seiner Zuständigkeit erlassen
würden. Die Rahmenvorschrift des § 9b erlangt erst
dadurch Existenzberechtigung, daß ein bestimmtes Verbot
erlassen ist, daß in die vom Gesetzgeber bewußt, zur Aus-
füllung nach dem Bedürfnis im Einzelfalle leer gelassenen
Lücken eine Norm, ein Gesetz im materiellen Sinn, ein-
fügt wird, gleichgültig ob dieses sich nun als Gesetz im
emenn Sinne darstellt oder — wie stets hier — eine
erordnung oder Verfügung ist. Ob ein Gesetz schon von
allem Anfang an einen unveränderlich im Wortlaut fest-
stehenden Inhalt hat, oder ob dieser Inhalt seinem Wortlaute
1) Der Ausdruck i besser als Ws oder
„Blankogesetz"z, den Neumann, „Das Blankostraf-
gesetz“ in Lilienthals Strafrechtlichen Abhandlungen Heft 87,
1908, S. 13 ff. vorschlägt. „Rahmengesetz“ empfiehlt
sich auch um so mehr, als es zwar der juristischen Ter-
minologie nicht mehr fremd ist, aber noch keine allseits
anerkannte feststehende Bedeutung erlangt hat. Val.
Weyer, Rahmengesetz. Eine Studie aus dem öster-
reichischen Verfassungsrechte. Wiener staatswissenschaft-
liche Studien 11. Bd. 3. Heft, 1913, S. 1 ff.