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In das nächste Jahr, in den August 1869,. fällt die
nähere Bekanntschaft des Kronprinzen mit dem General
von Moltke gelegentlich einer Übungsreise des preußischen
großen Gemralstabs, zu der auf besonderen Wunsch des
Kronprinzen auch die sächsischen Generalstabsoffiziere heran-
gezogen wurden, da das zu Grunde zu legende Gelände die
Gegend von Stolpen bis Großenhain bildete. Seit jener
Zeit wuchs die gegenseitige Hochachtung des sächsischen und
des preußischen Schlachtenlenkers. Dies Verhältnis gegen-
seitiger, auf gleichem Können beruhender Hochachtung zwischen
dem in der Vollkraft stehenden, thatenmutigen, glänzend ge-
schulten Königssohne und dem erkennenden, berechnenden,
abwägenden Generale ist eines der schönsten, das die Welt-
geschichte zu Ehren beider in ihre Bücher eintragen darf.
Nie hat dann in späteren Jahren König Albert, wenn er in
Berlin weilte, es versäumt, den greisen Feldmarschall zu be-
suchen und mit ihm sich über militärische Gegenstände zu
unterhalten, nie es versäumt ihm zu Geburtstagen und
Jubiläen Glück zu wünschen, bis er dann am 28. April 1891
dem großen Kriegsmeister das letzte Ehrengeleit gab. — Es mag
im Zusammenhange mit diesen Beziehungen zu Moltke darauf
hingewiesen werden, daß Kronprinz Albert schon damals an-
gesichts der immer mörderischer werdenden Schießtechnik die
bisherige Kampfform der geschlossenen Infanteriekolonnen zu
verwerfen begann und auf die Wichtigkeit des zerstreuten
Gefechts aufmerksam machte, das schon damals auf seine
Anregung hin in der sächsischen Armee, wie vielfach auch in
der preußischen, mit Einsicht geübt wurde. — —
Wir kennen das Vorspiel und die Ursachen des großen
deutsch-französischen Krieges. Am 19. Juli 1870 erfolgte
die Kriegserklärung Frankreichs in Berlin, nachdem schon
in der Nacht zum 16. Juli von Berlin aus der Mobil-
machungsbefehl für das Heer des Norddeutschen Bundes
erlassen worden war. Kronprinz Albert erhielt ihn am
16. Juli früh in Strehlen; er begab sich sofort nach der
Stadt, wo schon in den Tagen vorher in seinem Palais am
Taschenberge alle nötigen Vorarbeiten erledigt worden waren.
Die Mobilisierung verlief infolgedessen ohne jede Schwierig-
keit; schon vom 26. Juli an konnten die Eisenbahntrans-