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In Sachsen dachte man freilich anders über diesen Ruhm.
Namentlich ließ die Kurfürstin dem Kurprinzen, der nunmehr bald
sein 14. Lebensjahr vollendete, durch den Oberhofprediger Pipping
den zur Konfirmation notwendigen Vorbereitungsunterricht geben,
worauf er im Oktober 1710 unter Genuß des Abendmahls nach
lutherischem Ritus in den Kreis evangelischer Christen ausgenom-
men wurde. Der König, dessen Abwefenheit man hierzu benutzt
hatte, beeilte sich zwar, am 16. Nov. 1710 dem Papste seinen
tiefen Schmerz über den Vorgang auszudrücken. Aber in Rom
wollte man nun endlich Taten sehen. Infolge von Verhandlungen
im Juli 1711 mit dem päpstlichen Nuntius Albani, dem Kardinal
von Sachsen und dem Palatin von Livland, dem Grafen Joseph
Kos, der zum katholischen Oberhofmeister des Kurprinzen bestimmt
war, nahm der König im beginnenden Herbste 1711 den Kur-
prinzen mit nach Frankfurt zur Kaiserwahl. Nachdem man dort
das bisherige protestantische Gefolge des Prinzen durch Kos und
andere Katholiken ersetzt hatte, trat unter dieser Leitung der Kur-
prinz die vorgeschriebene Reise nach Italien an. Die Remonstra-
tionen des protestantischen Europa, die Proteste der sächsischen
Stände usw. machten auf August wenig Eindruck. Dazu kam vor
allem, daß der Kurprinz eine unselbständige und leicht einzu-
schüchternde Natur war, die sich ohne Urteil der Führung anderer
unterordnete. Zur Unterstützung des Grafen Kos fanden sich
noch der genannte Pater Salerno und der aus Sachsen stammende
Jesuit Anton Vogler bei dem prinzlichen Gefolge ein, und schon
am 27. Nov. 1712 legte der Kurprinz, zunächst noch im tiefsten
Geheimnis, zu Bologna das römisch-katholische Glaubensbekennt-
nis in die Hände des Kardinallegaten Casoni ab.
Der Kurprinz brachte den Winter 1712/13 in Verona zu,
weilte auch trotz des ausgesprochenen Mißvergnügens der Stände
noch den Sommer über in Oberitalien, worauf er in Köln bei
seinem Vetter, dem Kardinal von Sachsen, und zeitweilig in
Dusseldorf den Herbst und Winter und noch einen Teil des Jahres
1714 verlebte. An diesen Aufenthalt wie an einen Aufenthalt
in Paris bei Ludwig XIV. knüpfen die katholischen Quellen dunle
Gerüchtevon Verschwörungen gegen das Leben des Kurprinzen.