Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

108 Thätigkeit des erneuerten Bundestags. 1851 
überall, wo es nützlich schien, durch die Polizei die Concession 
zurückziehen. So wurde, was in Osterreich durch ein 
offenes sic volo, sic jubeo, hergestellt war, eine weite Aus- 
dehnung der bureaukratischen Macht, in Preußen durch eine 
bisher unbekannte Auslegung der Gesetze selbst erreicht. In 
derselben Weise sicherte sich die feudale Partei ihren eigenen 
Antheil an der Beute. Den Großgrundbesitzern wurde die durch 
die Verfassung aufgehobene Polizeigewalt wieder erneuert; es 
wurden die alten, mit den Verfassungssätzen unvereinbaren 
Provinzialstände und Kreistage von Neuem in das Leben 
gerufen, und was die Hauptsache war, die bisher wählbare 
erste Kammer, ebenfalls nach einer sehr zweifelhaften Gesetzes- 
Interpretation, in ein Herrenhaus verwandelt, in welchem 
Grafen und Rittergutsbesitzer ein ganz entscheidendes Über- 
gewicht und damit ein sicheres Bollwerk gegen etwaige Ver- 
suche zu einer ihnen mißliebigen spätern Gesetzgebung besaßen. 
Was endlich die Kirche betrifft, so überließ man, an dieser 
Stelle die Verfassung buchstäblich und im weitesten Sinne 
ausführend, der katholischen Hierarchie die selbständige Ord- 
nung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten, ohne irgend 
eines der frühern Staatsaufsichtsrechte sich vorzubehalten. 
Die Bildung und die amtliche Stellung des Pfarrklerus, die 
Verwaltung des Kirchenvermögens der Gemeinden, die kirch- 
lichen Zuchtmittel über die Laien, das Alles stand fortan zur 
freien Verfügung der Bischöfe. Klöster aller Orden, nicht 
zum wenigsten der Jesuiten, erfüllten das Land und gewannen 
mächtigen Einfluß bei allen Ständen. In beiden Confessionen 
wurde die locale Aufsicht über die Volksschule ein für alle 
Male dem betreffenden Pfarrer übertragen. Mit einem 
Worte, die Krone zeigte sich hier noch uneigennütziger und
	        
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